Ernst Loewy an seine Eltern, 23. Januar 1937

Samstag, den 23.1.37.

Gestern war hier eine Beerdigung. Eine Chawerah der Kwuzah ist gestorben, die wir allerdings gar nicht gekannt haben, da sie, seit wir hier sind, in Nahalal im Krankenhaus lag. Sie ist hier auf unserm eigenen Friedhof beerdigt worden, wo wir schon an ein Dutzend Gräber haben. Bei dieser Gelegenheit habe ich den Friedhof überhaupt das allererste Mal gesehen. Es sind richtige Grabsteine drauf, aus Zement gegossen. Die Feier war schlicht. Ein paar Chawerim haben am Grabe ein paar Worte gesagt, dann sprach einer der Alten ein Gebet und dann wurde das Grab zugeschaufelt.

Kakel hat nun schon eine Stellung gefunden, sogar eine sehr gute. Bei einem Arzt in Rechaviah als Stütze, wo sie direkt schon so viel verdient, dass, wenn es sein müsste, sie heute ihre Mutter schon anfordern könnte. Sie hat damit wirklich verdammtes Schwein gehabt. Eine gute Stellung zu finden ist augenblicklich nämlich sehr schwer. Sie wird Anfang nächster Woche schon hier fortgehen. Auch Fritz wird wahrscheinlich morgen schon gehen und nicht noch drei Wochen bleiben. Allerdings hat er uns versprochen uns recht häufig zu besuchen, da er ja doch in Jerusalem wohnt. In ein paar Wochen wird er dann auch heiraten und dann mit seiner Frau eine Hochzeitsreise nach Ägypten machen. Pinchas hat uns schon seit einigen Tagen Unterricht gegeben. Wenn Fritz fortgeht, wird auch er bei uns im Zimmer wohnen. Übrigens hat Fritz mich eingeladen, dass ich ihn in ein paar Wochen einmal über Schabbath in Jerusalem besuchen soll. Er selbst wird wahrscheinlich alle acht Tage mal rauskommen und uns wieder Physikunterricht geben. Ich habe vorhin schon mit Fritz seine Sachen gepackt. Er hat mir zum Abschied noch seinen Tenach (Thora, Propheten und Schriften) geschenkt und nun zwei sehr schöne Bilder von Kirjath Anavim, die ich Euch in meinem Briefe schicken werde, vielmehr eins davon erst nächstes Mal. Ich bitte Euch aber mir die Bilder demnächst einmal wiederzuschicken, da ich selbst überhaupt noch kein einziges Bild von hier habe. Das Bild, was ich Euch heute schicke ist eine grossartige Aufnahme vom Berge auf die Kwuzah mit einem weiten Ausblick auf das ganze Gebirge Jehuda. Ziemlich in der Mitte des Bildes seht Ihr eine schwarze Linie von Bäumen - das ist die Strasse. Links geht es nach Jerusalem, rechts nach Tel-Aviv.

Nun will ich Schluss machen für heute.

Seid vielmals gegrüsst und geküsst von Eurem Ernst.