Ernst Loewy an seine Eltern, 10. April 1937

Samstag, den 10.4., Kfar Hamakkabbi

Meine Lieben!

Unterdes sind wir schon wieder ein ganzes Stück weitergekommen und sind heute den ganzen Tag über in Kfar Hamkkabbi, wo es totlangweilig ist. Das Wetter ist nicht besonders gut und können wir nicht weit spazieren gehen. Hier ist augenblicklich das grosse Welttreffen in einem halbfertigen Kuhstall. Wir dürfen aber nicht an den Besprechungen teilnehmen. -

Wir haben hier einen schönen Blick auf den Karmel, das Meer und Haifa. -

In Haifa waren wir gestern und vorgestern, es ist von hier an die 14 km. Haifa ist eine grossartige Stadt. Grosszügig, europäisch angelegt, viel schöner als Tel-Aviv. Geschlafen haben wir die letzte Nacht in Kibbuz Uscha 5 Minuten von hier. Hier ist der vielen Gäste wegen kein Platz für alle. Ein paar Leute schlafen auch in Kfar Ata. Gestern haben wir in Haifa in Zelten geschlafen beim Militärlager. Morgen geht es nach Tiberias (mit dem Auto) undKinereth. Und damit für heute Schluss. Ich will für Ilse noch Platz lassen. Viele Küsse Euer Ernst.

Liebes Muttilein, augenblicklich sind wir in Kfar Hamakkabi (das ist eine Kwuzah unseres Bundes). Nebenan tagt die Moezah. Gestern war ein sehr netter Neschef u. sind wir erst um ½ 1 Uhr ins Bett gekommen, d. h. Bett ist reichl. übertrieben, wir haben in einer Scheune im Stroh geschlafen. Morgen fahren wir mit dem Autobus nach Tiberias, ich freue mich schon so. Vorgestern haben wir in Haifa geschwommen. Das Wasser war zwar sehr, sehr salzig, aber es war trotzdem herrl. Ich war zwar hinterher sehr müde, aber was macht das! In Tiberias werden wir auch wieder schwimmen. Weißt Du, das ist für mich das Schönste auf der ganzen Fahrt. Wir haben zwar auch außerdem sehr viel schönes

gesehen u. erlebt. Du siehst, daß die Karte voll ist, deshalb jetzt Schluß. Von zu Hause aus werde ich Dir einen langen Brief schreiben, jetzt kann ich nicht!

Viele Grüße u. Küsse Ilse.

 

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Herrn
Rich. Loewy
Krefeld
Nordwall 117