Ernst Loewy an seine Eltern, 25. September 1937
Kirjat Anavim, den 25.9.37, Samstag.
Meine Lieben!
Recht vielen Dank für Euren lb. Brief vom 11.9.37., der mit viel Freude bereitet hat. Ausserdem erhielt ich gestern einen Brief von Lore. Auch für die Bilder recht vielen Dank. Den Brief mit den Bildern von Tegernsee hatte ich aber zur Zeit erhalten. Meines Wissens nach hatte ich sie auch bestätigt. Zu Eurem Briefe wäre sonst nichts zu sagen. Diese Woche waren wir alle wieder einmal im Theater. Ein Teil der Leute war im „Dibbuk”, der andere Teil, darunter auch ich, in den „Schourim”, ([..], Wächter). Während der „Dibbuk” sehr schön gewesen sein soll, war ich wiederum sehr enttäuscht. Das Stück, das ich gesehen habe, war an und für sich nicht schlecht, auch schauspielerisch gut, aber es hat mich wenig interessiert. Es handelt von den Kämpfen der Schauerorganisation im Galil aus den Jahren zwischen 1910 und 1915, einfache Handlungen aus dem palästinensischen Leben, wie ich es ja auch tagtäglich vor mir sehe - mit Araberüberfällen, Knallereie, so à la Wildwest. Wenn ich einmal im Jahre ins Theater gehe, würde ich lieber einmal etwas sehen, wie Dinge, die ich täglich vor mir habe.
Neuigkeiten gibt es sonst von hier nur sehr wenig. Nächste Woche geht Sonja fort. Fritz Schloss kommt übermorgen wieder. Die Mutter von Walter Stern kommt und die Eltern von Fredi. Ausserdem fährt Jehuda Neubauer vielleicht auch bald nach Europa um in der Schweiz sein Studium fertigzumachen. Vor einigen Wochen war sein Bruder hier, der auch in Bern studiert und seine Schwester, die ja auch Du, lb. Vater, kennst.
Was die beiden Gruppen anbetrifft, so hat sich auch dort nicht viel geändert - man ist wieder ein bisschen mehr zusammen, und wird man auch sicher zusammenbleiben. Es würden sich auch gar keine Gründe finden lassen, wieder auseinanderzugehen. Pinchas ist selbstverständlich sehr liebenswürdig und mehr als zuvorkommend. Mehr weiss ich Euch für heute leider nicht zu schreiben. Anbei 1 Bild vom Toten Meer.
Und mit den Geschichten von Naftali muss ich Euch noch einmal vertrösten. Das nächste Mal dann aber bestimmt.
Für heute recht viele Grüsse und Küsse von
Eurem Ernst.
Den beiliegenden Brief schickt bitte an Ernst Lamm.
Viele herzliche Grüße
Edith.