Ernst Loewy an seine Eltern, 2. Oktober 1937

Samstag, den 2.10.37.

Fangen wir also jetzt mit der alten Frau Joske an. Sie kommt zu Naftali und sagt: „Hören se mal mal, heute morgen sehe ich mir den und den an und da sehe ich, dass er keinen Zahn im Mund hat, und heute mittag sehe ich ihn wieder - und wissen se was, da hat er das schönste Gebiss. Wie kommt das wohl?” Da erzählt ihr Naftali, dass man künstliche Zähne machen könne; von sowas hat nun die alte Frau Joske in Galizien noch nie was gehört, und plötzlich sagt sie ihm, sie möchte auch mal wieder neue Zähne haben, da sie überhaupt keine mehr besitzt - sie wolle auch mal wieder schön aussehen. Naftali untersucht sie - sie müsse zwanzig neue Zähne haben, stellte er fest. Nein, soviel wolle sie garnicht. Nur vorne ein paar - nur damit es schöner aussehe - essen können sie auch so. Aber Naftali überredete sie schliesslich sich alle machen zu lassen. Als sie nun ihre Zähne hatte, ging sie zu ihm hin: „Hören se mal - ich habe in Tel-Aviv eine Freundin - ich bin noch nie dagewesen; jetzt aber fahre ich einmal hin.” - Das wäre Frau Joske.

Nun über die Alten und die Seereise: Einer von der Alten bittet Naftali mit zum Mirjan zu gehen. Ein anderer, der dies hört sagt: „Der ist aber nicht fromm”. „Macht nichts”, sagte der Alte, „ich will ihnen mal was erzählen: Wie wir mit dem Schiff gefahren sind, war fürchterlicher Sturm. Es waren viele Jeckes an Bord. Haben wir ihnen gesagt: Betet. Sie haben gebetet; und wissen sie was? Der Sturm hat aufgehört”.

Das wären die beiden Geschichten.

Für heute nun genug. Recht viele Grüsse und Küsse, Euer Ernst.