Ernst Loewy an seine Eltern, 30. Oktober 1937

Kirjat Anavim, Samstag, den 30.10.37.

Meine Lieben!

Für Euren lb. Brief vom 15. ds. recht vielen Dank.

Von hier ist wie immer wenig neues zu berichten. Baumwollspinner und Frau Stern sind wieder fort - letztere wird Euch wieder ein bisschen erzählen können, allerdings wohl auch keine Neuigkeiten für Dich, lb. Pips, wo Du ja gerade hier warst. - Hier fängt nun endlich die Regenzeit an und zwar hat es in den letzten Tagen schon ganz tüchtig geregnet. Wir haben schon alle unsere Wintersachen draussen, und habe ich das erste mal wieder meine Knickebocker an und eines der schönen neuen Flanellhemden. Die Hemden gehen mir allerdings fast bis auf die Füsse - so lang sind sie - aber in der langen Hose merkt man das nicht, und sie stehen mir ausgezeichnet. - Der eine Zahn, mit dem ich so oft zu tun hatte, ist nun zur Hälfte abgebrochen und bekomme ich nun doch eine Krone - eine Stahlkrone allerdings, da die Sochnuth für uns keine Goldkronen mehr bewilligt. - Ich arbeite augenblicklich bei den [..], und zwar sind das die Gruppen, in denen später die Weinstöcke gepflanzt werden. In diesem Jahre werden an die 3000 Stöcke gepflanzt, das heisst 3000 Löcher, also eine ganz schöne Arbeit - und dabei kann einer an einem Tage höchstens 25 Stück machen, da das in diesem Boden sehr schwer ist. Zuweilen kann man an einem Loch eine ganze Stunde arbeiten, da es oft in den Felsen gehauen werden muss. -

Naftali ist mit seinem Roman nun ganz fertig, und habe ich ihm geholfen, das ganze noch einmal durch-

zusehen und Tipfehler zu verbessern. -

Und damit habe ich von hier alles erzählt und möchte Euch nun Euren Brief beantworten.

Dass meine Post so spät ankommt tut mir wirklich sehr leid - ich jedenfalls aber kann nichts dazu, da ich sie immer zur selben Zeit fortschicke. -

Ob ich Richard abholen kann, das weiss ich noch garnicht - frei bekommen würde ich schon auf jeden Fall. Aber ich möchte auch Edith gerne nach Haifa bringen. Was ich nun tun werde, das weiss ich jeetzt noch nicht.

Vielleicht habe ich aber auch Glück, dass Ediths Abreise und Richards Ankunft an ein paar aufeinanderfolgenden Tagen sein wird. Aber das hat ja noch Zeit - vorläufig sind wir ja noch nicht so weit. -

Was Lore anbetrifft, so habe ich ihr einen gehörigen Brief geschrieben und ihr gesagt, wenn sie so mit meinen Briefen umginge, hätte ich kein Interesse daran, ihr noch weiter zu schreiben. Ich werde nun wohl bald einen Brief von ihr bekommen, in dem sie sich vernünftig entschuldigt, wie ich sie kenne. -

Was die Sache mit der Jugendhilfe anbelangt, so wirst Du, lb. Pips, von den hiesigen Dingen natürlich nichts schreiben. Hans Beith weiss über alles Bescheid und wird schon das richtige tun. Berlin würde ja doch nur Stunk machen. - Du schreibst von einem Erez-Bericht - was meinst Du damit? -

Für heute Schluss.

Herzl. Küsse Euer Ernst.

Viele herzliche Grüße
Naftali Rosenstein.

Herzliche Grüße
Dan