Ernst Loewy an seine Eltern, 6. November 1937

Kirjath Anavim, Samstag, den 6.11.37.

Meine Lieben!

Recht vielen Dank für Euren lb. Brief vom 23.10. mit Bildern, Schein und Negativ. Ich war diese Woche zweimal in der Stadt und habe mir dort ein neues Photoalbum gekauft, worin ich meine neueren Bilder eingeklebt habe, und das mit meiner Überfahrt anfängt. Wie gesagt war ich zweimal in der Stadt; einmal hatte mich Fritz eingeladen, und das zweite Mal musste ich zum Optiker fahren, da mir in der Brille ein Glas gesprungen ist. Das erste Mal war fürchterliches Wetter, es regnete in Strömen, so dass ich platschnass nach Hause kam. Unterdessen ist hier wieder das allerschönste Wetter, angenehm warm und kein Wölkchen am Himmel. Ihr fragt in Eurem Briefe, was Fritz tut. Er ist jetzt schon seit längerer Zeit Lehrer an einem Gymnasium in Talpioth und gibt ausserdem noch Privatstunden. Da seine Frau auch noch arbeitet, geht es ihm also verhältnismässig gut, und hat er zu leben. - Baumwollspinners schrieben jetzt von Haifa aus, dass sie sich überlegt hätten für immer nach Erez zu ziehen, dass sie Mitte des nächsten Jahres nach Haifa kämen und sich dort ein Haus kaufen. Fredi wird nach Ende der zwei Jahre in Haifa aufs Technikum gehen und dort Baumeister lernen - also wieder einer weniger. - Edith wird wahrscheinlich schon Ende des Monats abdampfen. Ich bin jetzt nur sehr gespannt, wann Richard kommt.

Dass auch Du, lb. Mutter, mit der Schreibmaschine schreibst, ist nicht schlimm. Es ist eine gute Übung, und wirst Du später vielleicht dem Pips mal bei den schriftlichen Arbei-

ten helfen können. Jedenfalls stelle ich fest, dass Du sehr viel weniger Fehler machst als Vater anfangs. -

Du fragst, was wir nach den zwei Jahren machen - wir wissen da noch garnichts genaueres. Aber aus dem Projekt mit dem dritten Jahr wird wohl kaum etwas werden. Trotzdem glaube ich aber, dass wir doch noch längere Zeit hier auf Hachscharah bleiben werden - dann eben nur nicht mehr unter dem Namen Jugendalijah. - Wenn Ihr mir zu Chanukah etwas schicken wollt, so könnt Ihr mir mal ein Paketchen mit Wurst oder so etwas schicken. Wie Ihr wisst, geben wir ja schon seit langem unsere Pakete nicht mehr ab, sondern essen sie unter uns im Zimmer. - Unsere neue Schule ist schon seit langem fertig und hat auch der Unterricht schon längst begonnen. Auch einen neuen Lehrer haben wir - ein Zabre, der aber kurze Zeit in Deutschland war und mit einem Mädel aus Kitzingen verheiratet ist. - Wie das mit Bau des Chadar Ochel wird, weiss ich noch nicht - der Platz ist schon seit langem bestimmt - zwischen Schule, Kindergarten, altem Kuhstall und Schlosserei. - Die Lage im Lande hat sich wieder gebessert - es ist wieder Ruhe. Hier war Gtt. sei Dank, garnichts los, während man allerdings in Moza wieder schwer geschossen hatte, wie ich Euch schon voriges Mal schrieb. - Mir geht es, wie immer, gut und hoffe von Euch (vor allen Dingen von Grossvater und Dir, Mümlein) dasselbe. Mit vielen Grüssen und Küssen
Euer Ernst.