Ernst Loewy an seine Eltern, 4. Dezember 1937

Samstag, den 4.12.37.

Ich will Euch nun jetzt Eure Fragen betreffs der Chewrah beantworten. Was mich selbst anbetrifft, so braucht Ihr Euch tatsächlich keine Sorgen zu machen. Ich werde natürlich einmal hören, was Richardsagen wird - aber in Kirjath Anavim werde ich auf alle Fälle bleiben können, da die Kwuzah die Verpflichtung von der Jugendhilfe hat, alle etwaigen übrigbleibenden Chawerim des Alijath Noar in die Kwuzah aufzunehmen. Was Du, lb. Mutter, über „Handlanger“ schreibst, so ist dazu nur zu sagen, dass die Hälfte der Chawerim in jeder Kwuzah letzten Endes nichts anderes als Handlanger sind, dass es Fachleute in der Kwuzah nur sehr wenige gibt; und wenn man das lernen will, was man in Deutschland mit „Beruf“ bezeichnet, darf man schon auf keinen Fall in die Kwuzah gehen. Es gibt eine Menge von Leuten hier, die schon seit Jahren in der Kwuzah sind und die ausserhalb der Kwuzah niemals ihr Brot verdienen könnten, da sie nichts anderes können als eben „arbeiten“.

Was den Garin anbelangt, so sind wieder einige Leute ausgetreten, und zwar Benni und Piel. Benni würde sich mit den andern auch zu alleine fühlen und will jetzt mit Lore in eine andere Kwuzah gehen. Piels Plan mit der Möbeltischlerei ist ins Wasser gefallen, da ihn der Spass in einem Jahre 200 £P kosten würde, die er nicht aufbringen kann. Er wird jetzt wahrscheinlich zu seiner Schwester gehen, die in Rananah in einer Kwuzah ist. Der Garin besteht also noch aus folgenden Leuten: Karuso, Gideon, Pinchas, Manfred Mendel, Teddy, Chajim, Seew (Rothmann), Erbse, Margot, Jetty und Ossa - Chawah rechne ich nicht dazu. Diese Leute werden aber (vielleicht noch mit Ausnahme von Seew) sicherlich alle zusammenbleiben.

Ich bitte Euch jetzt nur um eines - macht Euch nicht soviel Sorgen über all diese Dinge. Ich werde jetzt erst einmal abwarten, was Richard dazu sagen wird - wenn er nichts anderes weiss, werde ich im schlimmsten Falle eben in Kirjath Anavim bleiben. Jedenfalls sind alle Sorgen und schwarzen Gedanken sehr überflüssig - mein Brot werde ich hier immer haben können - und was das Anfordern anbelangt, ginge es von hier aus am schnellsten, wenn allerdings auch die Lebensbedingungen hier für Euch so sind, dass man es nur dann tun könnte, wenn Ihr dort keine Lebensmöglichkeit mehr hättet. Aber das ist schließlich in jeder Kwuzah gleich. Die Möglichkeit des Anforderns ist viel leichter als in der Stadt, dafür sind dann allerdings die Lebensbedingungen so, dass man nur dann anfordern wird, wenn es unbedingt nötig ist. Aber das ist ja heute noch kein Problem für uns. Zuerst heisst es einmal abwarten und sich keine Sorgen machen - sowohl für Euch als für mich.

Mit vielen Grüssen und Küssen Euer Ernst.

Ein Buch von Siegmund Guse besitze ich nicht.

Herzliche Grüße
Benni.

Auch von mir die herzlichsten Grüße
Ihre Edith.