Ernst Loewy an seine Eltern, 10. Dezember 1937
Kirjat Anavim, Freitag, den 10.12.37.
Meine Lieben!
Eben habe ich Richard telefonisch gesprochen. Ihr könnt Euch garnicht vorstellen, was für ein komisches Gefühl das ist: man hat sich seit Jahren nicht gesehen und hört plötzlich die heimatlich-anmutende, bekannte Stimme aus dem schwarzen Trichter heraus. Es ist jetzt sieben Uhr - vor zehn Minuten ist er in Jerusalem angekommen. Am Sonntag fährt er von dort wieder nach Tel-Aviv; morgen werde ich ihn noch einmal telefonisch sprechen und mit ihm dann wahrscheinlich vereinbaren, dass er Edith und mich am Sonntag abholen soll, so dass wir gemeinsam nach Tel-Aviv fahren. Da er mit eine Taxe fährt, wird sich das voraussichtlich machen lassen. Ich fahre dann mit Edith von Tel-Aviv entweder noch am selben oder am kommenden Tage nach Haifa, von wo Edith am Mittwoch wegfährt. Dort treffen wir dann noch Werner und Benni, die Bennis Bruder, der auch am Mittwoch fährt, an den Hafen bringt. Bennis Bruder war hier am Konservatorium und lernt jetzt in England bei einem bedeutenden Klarinettetisten. - Ich habe also jetzt hoffentlich ein paar schöne Tage vor mir. Richard wird, nachdem er einige Tage in Tel-Aviv war, noch für 8-10 Tage in Jerusalem bleiben und auch auf einige Tage zu mir kommen.
Neuigkeiten von hier gibt es wenige. Einen Brief erhielt ich nicht, da er schon als Luftpostbrief in der vorigen Woche ankam. Dafür erhielt ich aber die Wurst, für die ich mich auf der Hubertusstr. durch eine Karte bedankt habe. Ausserdem erhielt ich von Euch, lb. Grosseltern, 10 M, für die ich Euch herzlichst danke.
Diese Woche war noch eine Trauerfeier für die 5 Gefallenen, auf der
der Boden von [..] der Kwuzah „Bamaaleh” übergeben wurde.
Das soll für heute genügen. Ich bin so freudig erregt - nehmt mir sowohl die schlechte Schrift als auch die Kürze des Briefes nicht übel und seid innigst geküsst von Eurem Ernst.
Falls Du, lb. Pips, Dein Palästinareferat schriftlich hast, bitte ich Dich es mir zu übersenden. Die Rundschau braucht Ihr mir nicht zu schicken, da wir sie auch so pünktlich bekommen.
Also nun wäre es soweit gekommen Ihnen meinen letzten Gruß aus Erez zu schicken. Es ist heute mein letzter Tag in Kirjath Anavim, u. die Stimmung ähnlich wie bei Ihrem Weggehen, Papa Löwy, ich erinnere mich noch gut.
Vielleicht könnten wir uns in Deutschl. auch noch mal sprechen. Eine Karte nach meiner Ankunft werde ich jedenfalls abschicken. Einstweilen die herzlichsten Grüße für Sie u. Ihre Frau.
Ihre Edith.