Ernst Loewy an seine Eltern, vermutlich Februar 1937

zu schicken. Ausserdem seht bitte noch einmal nach ob Ihr nicht das handkolorierte Bändchen findet von Jakobsen „Schuss im Nebel”. Ihr würdet mir mit diesen Büchern eine sehr grosse Freude machen. Falls Ihr sonst noch gerade ein nettes Buch wisst, wäre ich auch nicht abgeneigt. Bücher sind immer das, womit Ihr mir die grösste Freude machen könnt.

Nun weiter zu Eurem Brief: Pinchas ist aus dem Bund geflogen, da er weltanschaulich nicht mit den Ideen des Bundes übereinstimmt. Der Bund lässt überhaupt nicht zu, dass der Garin mit „Bamaaleh” auf Aussiedlung geht, und wird er ihnen die Forderung stellen: entweder Makabbi Hazair und „Bamaaleh”. Da man sich natürlich nicht darum kümmern wird, wird die ganze Gruppe wahrscheinlich herausgesetzt werden, wenn sie nicht schon vorher alle ausgetreten sind. „Bamaaleh” gehört zu einem polnischen Bund „Gordoniah”, der mit dem Mak. Haz. nicht so ganz übereinstimmt. Aber das sind Probleme, um die man sich oben genau so wenig kümmert, wie wir andern auch. Wenn ich in die Stadt gehe, werde ich ebenso fliegen, da das Ziel des Bundes eben die Kwuzah ist - und zwar die eigenen Kwuzoth, die sie schon besitzen. Doch sind das sicherlich keine Dajes für mich. Von mir aus kann sich auch der Bund aufhängen, wenigstens in Palästina: in Dschland hat er wenigstens einen Sinn, die zionistische Propaganda. Hier trägt er nur dazu bei ein Grüppchen mehr zu bilden. - Was der Garin nun am 1. April macht ist schon ziemlich bestimmt: er zieht hinüber in die Znifim[?] von Bamaalah und heisst dann nicht mehr „Jugendalijah”, sondern „Bamaaleh”. Was man dann weiter tut, hängt dann nicht mehr von Hans Beit ab, sondern einzig und allein von der neuen Kwuzah und den öffentlichen

Institutionen: auf deutsch den Geldern. Bis man mal hinaufgeht, dauert jedenfalls noch lange. Vorläufig werden sie mit den andern Chawerim auf Aussenarbeit gehen - Steinbruch, Waldpflanzen, Wege bauen (auf den Berg auf Kosten des K.K.L.) Bauarbeiten in der Stadt etc. Mehr wissen die Leute vorläufig auch noch nicht. Wir andern wissen zum grossen Teil noch nichts genaueres. Benni und Lore und Piel gehen wahrscheinlich nach Maajan (eine Kwuzah des Bundes) und nicht nach Raananah. Fritz Schloss hat in Chederah eine Stelle als Schweizer, und Fredi in Jerusalem in einer Tischlerei. Dan fährt nach Deutschland und von dort eventuell nach Prag. Walter Stern lernt erst fertig Autofahren und bleibt so lange hier. Was er dann macht weiss er auch noch nicht genau. Chawah geht nach Chugim! wo sie einen Freund hat, den sie in Moza kennengelernt hat, und der ihr nach 14 Tagen Bekanntschaft schon Heiratsanträge machte!!! Und wir andern wissen noch nichts genaueres. - Dass wir uns nun endlich voll und ganz verstehen, freut mich sehr und wollen wir jetzt mal nicht mehr diskutieren, sondern abwarten, bis wir mal etwas Positives wissen. Werdet nicht ungeduldig - so schnell wird alles nicht gehen, und ist die Sache ja auch insofern nicht eilig, da ich ja nicht gleich am 1. April hier heraus muss. Dass Ihr wegen eines etwaigen Zuschusses für mich an die Jugendhilfe geschrieben habt, dürfte kaum einen Zweck haben. Ihr dürft nicht vergessen, dass die Jugendhilfe vom 1.4. keinerlei Verpflichtungen mehr uns gegenüber hat. - Einen Transfer kann die Jugendhilfe doch nicht ermöglichen, das geht durch die „Tempelgesellschaft” in Dschland und hier durch die „Haawarah”. Aber darüber zu sprechen hat

ja noch Zeit. Hoffentlich habt Ihr überhaupt noch die Möglichkeit dazu! Nach dem, was man hier hört dürfte das sehr unwahrscheinlich sein. Ich hoffe nur noch, dass das alles nicht stimmt. Ich erwarte schon mit Sehnsucht Eure Post. Hoffentlich bringt sie gutes - bezw. nichts schlechtes. - Negative von Euch habe ich keine erhalten - obwohl Ihr schreibt, dass Ihr mir welche geschickt habt. Seht noch einmal gründlich nach. - Ediths Reise hatte sich nun 14 Tage verzögert, da sie inzwischen krank geworden ist. Sie fuhr erst am 3.2. und muss heute in New York ankommen. Es tut mir leid, dass sie Euch nicht geschrieben hat. Wir können uns hier nicht darüber beklagen. Sie hat uns sogar ein Paket mit Schokolade und Bonbons geschickt. -

Was sagt Ihr dazu: Gestern hat es den ganzen Tag abwechselnd geschneit und gehagelt - so stark, dass die Kinder eine Schneeballschlacht gemacht haben!!! Ein Berg war ganz weiss, ich glaubte schon in der Schweiz oder meinetwegen in Honolulu zu sein, aber bestimmt nicht in Palästina. Der Schnee wurde angeguckt wie das 8. Weltwunder. Es war regelrechter Schneesturm. - Eigentlich wollte ich an Hedwig Kahn auch noch ein Zettelchen einlegen, doch würde der Brief zu schwer werden. Grüsst sie dann hiermit recht herzlich von mir und sagt ihr, ich liesse für die Aufmerksamkeit recht vielmals danken.

Auch für Euch viele herzl. Grüsse und Küsse
von Eurem Ernst.

Zu Deinem Geburtstage, lb. Pips, nochmals viele Glückwünsche.

Eben telefoniert mich Richard aus Jerusalem an: ich möchte Sonntag in die Stadt fahren um mit ihm zu Hans Beit zu gehen.