Ernst Loewy an seine Eltern, 15. Januar 1938
Kirjath Anavim, Samstag, den 15.1.38.
Meine Lieben!
Für Euren lb. Brief vom 1. Januar herzl. Dank.
Ich war diese Woche bei Grünfelders um dort zu gratulieren. Ich habe der alten Dame ein paar Blumen gebracht, mit denen sie sich riesig gefreut hat. Sie hat mich darauf zum Essen eingeladen, doch konnte ich der Einladung nicht Folge leisten, weil ich noch zur Universität rauf musste und nicht zu spät heimkehren wollte. Sie hat mir darauf die ganze Aktentasche voll Kuchen gestopft und Bonbons und Schokolade. Sie hatte sich mit meinem Besuch so gefreut, dass sie, wie sie selbst sagte, ganz aufgeregt war. Von dort habe ich auch Tante Trini zum 81. Geburtstage gratuliert.
Von Lore habe ich wieder einen Brief bekommen, den sie, wie sie selbst schreibt, in der ersten Stunde, die sie auf war, geschrieben hat. Ich hoffe, dass es ihr wieder einigermassen gut geht.
Was Richard anbetrifft, so ist er nun ja inzwischen hiergewesen, wo es ihm wirklich sehr gut gefallen hat. Er wird Euch ja indessen geschrieben haben. Ob er etwas für mich tun kann, weiss ich noch nicht, doch hoffe ich es stark. Was übrigens Devisen anbetrifft, so hat er nicht viel mehr als Du auch, denn auch in der Cechoslowakei gibt es Devisenbestimmungen. Wie ich Euch geschrieben habe, wohnt er nicht im Hotel, sondern bei seinen Bekannten. Die Adressen wisst Ihr. Dass wir dem Vieh Apfelsinen zu fressen geben stimmt ja nun doch nicht so ganz - die Kühe bekommen wohl zuweilen Apfelsinenschalen. Wir haben natürlich soviel wir wollen. Voriges Jahr hatten wir allerdings noch mehr. Ich erinnere mich, dass wir einmal an die 130 Stück in unserm
Zimmer hatten, die dann für uns 4 Leute vielleicht für eine Woche gelangt haben. Ich würde Euch schon gerne einmal eine Kiste schicken, doch ist natürlich die Fracht viel zu teuer.
Ich sehe, mein Latein ist beinah zu Ende. Ich weiss Euch so garnichts neues zu schreiben - es vergeht ein Tag wie der zweite. Das Wetter ist verhältnismässig gut. Regen wechselt stetig mit schönsten sonnigen Tagen. Eine tropische Regenzeit stelle ich mir wesentlich anders vor. Voriges Jahr war es ja auch bedeutend schlimmer.
Mir geht es wie immer ausgezeichnet und hoffe ich von Euch das Gleiche. Für heute hiermit Schluss.
Seid vielmals gegrüsst und geküsst
von Eurem Ernst.
My dear mother!
I hope that you are learning yet English. Write me a time an English letter. I also learn English, not very much, but sometimes a Week. But Hebrew I know better than English. But one time I will also speak and write in English language.
For today the best wishes for going on in learning English
Your Son.