Ernst Loewy an seine Eltern, 5. Februar 1938
Kirjat Anavim, den 5.2.37. [richtig: 38]
Meine Lieben,
es wird heute wieder nicht viel, was ich Euch schreibe, ich bin nämlich immer noch krank, und ist aus dem, was wir erst für eine Grippe hielten, eine leichte Gelbsucht geworden. Es ist durchaus nichts Schlimmes, ich fühle mich sogar sehr wohl dabei, spüre eigentlich garnicht, dass ich krank bin, muss aber liegen und werde aufgefüttert mit Honig, Marmelade, Apfelsinensaft und andern guten Dingen. Fette sind mir dagegen strengstens verboten. Fieber habe ich übrigens keines, also ist es wirklich nicht schlimm.
Eure Post habe ich ja schon in meinem vorigen Briefe bestätigt. - Ich las gerade noch mal Euren letzten Brief durch. Du schreibst, lb. Mutter, dass Vater an die Jugendhilfe geschrieben hätte wegen des Lernens in der Kwuzah. Ihr müsst doch wissen, dass es garnicht das Ziel der Jugendalijah ist, dass jeder einzelne etwas so lernt, dass er sich später davon ernähren kann. Der Jug. Alijah kommt es darauf an die Leute in die Arbeit ganz allgemein einzuführen, so dass sie später in den Kwuzoth unterkommen können. Dass die Leute auf individuelle Art ihr Geld verdienen, daran liegt der Jug. Alij. ja gar nichts. Und in den Kwuzoth braucht man im allgemeinen nur wenig Spezialarbeiter. Die meisten der Chawerim aus allen Kwuzoth (wenigstens die jüngeren) haben alle keinen „Beruf” mit dem sie ausserhalb der Kwuzah Geld verdienen könnten. Höchstens könnten sie auf den Bau oder in die Pardessim gehen, wo man nur ungelernte Arbeiter benötigt, die viel Kraft haben und wenig Ansprüche ans Leben stellen. - Eine Ausnahme ist es mit den wenigen Leuten, die ein Handwerk oder sonst eine Facharbeit in der Kwuzah lernen - das ist aber stets eine verschwindend kleine Anzahl. - Versteht Ihr mich richtig?