Ernst Loewy an seine Eltern, 3. März 1938

Tel-Aviv, den 3.3.38.

Meine Lieben!

Ihr müsst vielmals entschuldigen, dass ich so lange nichts geschrieben habe, gerade jetzt, wo Ihr wahrscheinlich in grösster Spannung seid. Und zwar aus dem Grunde nicht, weil jeder der letzten Tage stets viele Dinge gebracht hat, die nur in der Schwebe waren und die am folgenden Tage schon wieder ganz anders aussahen. Jetzt endlich sind meine Angelegenheiten so ziemlich ins Reine gekommen - besonders durch Eure beiden Briefe vom 25. und 26. an Richard und mich. Und zwar ist alles ein wenig anders geworden, als ich geglaubt hatte: aus der Sache mit Salingré ist nämlich nichts geworden, da Hans Beit mir im letzten Moment noch davon abriet, da Herr S. persönlich in menschlicher Beziehung einige Mängel aufweist. Zu gleicher Zeit hat mir aber Frau Strauss-Weigert eine ähnliche Stellung in Tel-Aviv besorgt, mit fast denselben Bedingungen - auch in einer Buchhandlung, so dass also für mich kein Nachteil daraus entstanden ist. Ich war heute dort, um mich vorzustellen und werde morgen alles Nähere abmachen. Soviel ist jedenfalls bestimmt, dass ich nächste Woche die Stellung beginne - vorläufig 4 Wochen Probezeit. Alles weitere darüber in den nächsten Tagen, wenn ich selbst genaues weiss.

Inzwischen habe ich eine Menge Post von Euch erhalten, die ich Euch nicht einzeln beantworten brauche, da

sich die Antworten zum grössten Teile schon erübrigt haben. Was das Geld für Zahnbehandlung und Brille anbetrifft, so hat Hans Beit nichts mehr damit zu tun - doch sagte er, wenn Ihr an die Jugendhilfe schreibt, könnte es Euch eventuell erlassen werden - also versucht es bitte, hoffentlich braucht Ihr es nicht zu bezahlen. Was den Transfer meines Geldes anbelangt, so werde ich Euch sofort darüber schreiben, wenn ich selbst darüber Bescheid weiss. Im Monat März werde ich noch durch die Jugendhilfe versorgt.

Von Grünfelders in Jeruschalajim, sowie Neumanns in Tel-Aviv (die in 6 Wochen nach Europa zurückkehren) viele Grüsse - desgleichen selbstredend auch von Richard.

Für heute genug - entschuldigt meine Kürze - bald jedenfalls schreibe ich Euch weiter. Nehmt für heute vor allen Dingen meinen herzlichen Dank für Euer Versprechen, dass Ihr noch weiterhin bezahlen wollt. Wenn ich anfangs auch nur sehr wenig verdiene, hoffe ich doch, dass ich bald weiterkommen werde.

Mit vielen Grüssen und Küssen
Euer Ernst.

Dieses Schreiben ging in Abschrift an Ernst Loewys Eltern und ist daher erhalten geblieben.