Ernst Loewy an seine Eltern, 18. März 1938

Tel-Aviv, den 18.3.38., Freitag abend

Meine Lieben,

recht vielen Dank für Eure lb. Briefe vom 6.3., 9.3. und 13.3. - Herrn Kaufmann habe ich inzwischen gesprochen und hat es wenig Sinn Euch jetzt ausführlich darüber zu schreiben, da Ihr ihn ja sowieso in einigen Wochen schon sehen werdet und von ihm selber alles hören könnt.

Recht vielen Dank für das Buch von Lotte, das Ihr mir mitgeschickt habt. Ich habe es allerdings Richard weitergeschenkt, da er es selber nicht mehr besass. Lotte kommt übrigens im nächsten Monat her und wird sich hier vor ihrer Amerikareise für kürzere Zeit aufhalten.

Nun zu Euren Briefen, und zwar zuerst zu Eurem letzten, vor allen Dingen, was den Transfer anbetrifft. Wie ich Euch schon geschrieben habe, habe ich hier schon den Transfer beantragt, und hat man mir dort (auf der Hitachduth Olej Germaniah = HOG) gesagt, dass Ihr überhaupt nichts unternehmen braucht, bis Ihr in Deutschland von selbst von der PALTREU benachrichtigt würdet. Die Sache mit dem Transfer geschieht nämlich auf folgende Weise: alle kleinen Beträge, die beantragt werden, gehen durch die H.O.G. die ihrerseits die Angelegenheit mit der Haavarah vermittelt, so dass ich also persönlich mit der Haavarah nichts zu tun habe. Die Haavarah hat alle paar Wochen eine Sitzung, auf der die Anträge geprüft und nachher angenommen oder abgelehnt wrden. Die Anträge von Leuten der Jugendalijah, die, von Hans Beit persönlich unterschrieben sind, wie der meinige, werden laut eines Vertrages zwischen Haavarah und Jugendalijah grundsätzlich angenommen. - Hat die Haavarah

nun einen Antrag angenommen, so macht sie ihrerseits mit der PALTREU in Deutschland den entsprechenden Geschäftsvertrag, und die PALTREU meldet sich an den Bezahler des Antragstellers und gibt dem Bezahler (also Euch) sämtliche Anweisungen für das, was zu tun ist und wo das Geld einzuzahlen ist. - Ihr hättet Euch also nicht an die PALTREU zu wenden brauchen, sondern abwarten können, bis Ihr von der PALTREU Bescheid bekommt. Von dort wird man Euch dann auch schreiben, dass Ihr die Bescheinigung von der Devisenstelle einzuholen habt, die Ihr dann auf Grund einer sicherlich beiliegenden Bestätigung von seiten der Haavarah, ohne weiteres ausgestellt bekommt. So geht die Sache im Allgemeinen. Der Fehler, den Ihr begangen habt, war, (auf meine Veranlassung) dass Ihr Euch unnötigerweise vorzeitig an die verschiedenen Stellen gewandt habt. Hans Beit hatte mir das seinerzeit so gesagt, während man mir auf der H.O.G., der zuständigen Stelle also, gleich sagte, dass dies unnötig gewesen sei. - Was nun die Forderung des Beamten wegen der Konsulatsbescheinigung betrifft, so habe ich noch nie etwas davon gehört, dass so etwas nötig sei. Ich werde mich trotzdem nächste Woche bei der H.O.G. mal danach erkundigen, ob ich so etwas nötig habe. Wenn ja, werde ich natürlich nach Jerusalem fahren und mir die Sache besorgen. Ihr jedenfalls habt weiter nichts zu tun, sondern müsst nur den Bescheid der PALTREU abwarten. - Auf Eure Erkundigungen dort, wird man Euch wahrscheinlich auch ähnliche Informationen gegeben haben, wie die, die ich Euch jetzt gegeben habe.

Und nun zu Euren andern Briefen. Viel will ich Euch nicht mehr schreiben. Es ist spät und ich bin müde. Ich war heute abend bei Richard und bin dann noch auf einen Sprung zu Max Levy raufgegangen, der vor drei Wochen geheiratet hat. - Nun will ich Euch noch ein paar Fragen beantworten: Mit dem Gelde komme ich natürlich gut aus. Ich brauche im Monat für Wohnung und Essen 3,200 ₤P. Dazu kommt noch Wäsche, Krankenkasse, Sprachkurse und sonstige kleine Ausgaben, so dass ich hoffe, mit knapp 4 ₤P gut auszukommen. Was meine Kleidung anbetrifft, so habe ich jetzt wieder so viel, dass ich hoffe in den nächsten zwei Jahren ohne jedwede Neuanschaffung auszukommen. Den Anzug von Kfm. benötige ich nicht, da er viel zu teuer und zu schwer für Pal. ist. Mein neuer Anzug ist ausgezeichnet und freue ich mich schon auf die grauen Schuhe. - Ich habe nur noch eine Menge Kram: kurze Hosen, Reitstiefel und Hose, Manchesteranzug etc., die ich garnicht verwerten kann - Dinge im Werte von 4 bis 5 ₤P - es ist möglich, dass ich sie verkaufen kann. Wenn ich drei ₤P dafür bekäme, wäre ich sehr froh. -

Nun habe ich noch eine Bitte an Euch: ich habe wieder Hämorroiden. Den Dreck, den man hier bekommt, hilft mir nicht. Schickt mir sofort als Muster ohne Wert eine Tube „Posterisan” - aber angebraucht, da gerade Chemikalien toll kosten. - Ich schicke Euch diese Woche noch einen Brief mit nur zwei Bildern und einem Negativ. Da die Bilder viel wiegen, kann ich sie doch niemals in einen Luftpostbrief tun. Ich bitte Euch mir von dem beiliegenden Negativ in der Ausführung A zwei und der Ausführung B noch ein Bild anfertigen zu lassen und mir mitsamt dem Negativ wiederzuschicken. Ich kann mir leider im Augenblick solche Extraausgaben nur noch in kleinstem Masse erlauben. - Die Bilder sind dann schon das Geburtstagsgeschenk für Dich, lb. Mutter, und auch nachträglich für Dich, Pips. Ausserdem bitte ich Euch auch Lore noch eins machen zu lassen. - Mir selbst geht es gut - habe

Euch jedoch nichts mehr mitzuteilen - bin auch sehr müde.

Aus Kirjath Anavim habe ich schlechte Nachrichten. Dan ist bei einer Sprengung schwer (lebensgefährlich) verletzt worden und Karuso leicht. Genaues weiss ich selber noch nicht. Ich hörte es von den verschiedensten Leuten, ja telefonisch aus Kirjat Anavim, aber jeder erzählt etwas anderes. Jedenfalls müssen schwere inner Verletzungen sein und mehrere Finger an der Hand verloren.

Nun aber Schluss - ich falle jetzt ins Bett.

1000 Küsse Euer Ernst.