Ernst Loewy an seine Eltern, 18. Juni 1938

Tel-Aviv, den 18.6.38., Samstag

Meine Lieben,

seid mir nicht böse, wenn ich Euch heute nur wenige Zeilen schreibe. Es ist spät am Abend und ich bin recht müde. Eure Karte aus Godesberg, sowie Euren Brief vom 7. ds. habe ich erhalten und mich sehr damit gefreut. Besondere Freude jedoch hat mir natürlich Deine „Reisebeschreibung” gemacht, lb. Pips. In Gedanken habe ich die ganzen Tage noch einmal mit gelebt. Deine Beschreibung ist sehr hübsch - ich wundere mich darüber, dass Du soviel behalten hast, besonders so viele hebräische Worte, die Du mit wenigen Ausnahmen, auch richtig anwendest. Jedenfalls ist die Arbeit sehr nett und eine schöne Erinnerung. Von mir selbst ist nichts neues zu berichten. Frau Strauss-Weigert hat jetzt eine kleine Gruppe gegründet von früheren Jugend-alijahleuten, die jetzt in Tel-Aviv sind (mehr als 20) und die alle 14 Tage bei ihr in der Wohnung zusammenkommt um sich zu unterhalten, Musik oder Vorträge zu hören. So wird sie zum Beisp. den bekannten Professor Torezyner von der hebräischen Universität einladen, der die von dem kürzlich ermordeten Archäologen Starkey bei Hebron ausgegrabenen Tafeln aus der Zeit Jeremias, übersetzt hat - und uns darüber etwas erzählen soll. (In der „Rundschau” hat kürzlich ausführlicher über die Arbeiten Torezyners gestanden). Ich hoffe, und mir scheint es so, dass diese Gesellschaft, recht nett wird. Neues weiss ich sonst heute garnicht mehr. Mir geht es gut und hoffe ich von Euch dasselbe. Anbei zwei Bildchen aus „unserm Garten”. Eines von dem Jungen und der Mutter und eines von dem Jungen und mir. Gut sind sie leider beide nicht.

Damit genug für jetzt. Viele Grüsse und Küsse
von Eurem Ernst.

Herzlichen Gruss
Gabi.