Ernst Loewy an seine Eltern, 30. Juli 1938
Tel-Aviv, Samstag, den 30.7.38.
Meine Lieben,
für Euren Brief vom 17. ds. vielen Dank, leider erhält er noch nicht die Bestätigung meiens Briefes, in dem ich Euch über Richards Reise schreibe. Und was sonst noch darin steht, ist leider auch nicht dazu angetan grosse Freude zu erwecken. Was mich anbelangt, so stehe ich diesen Dingen sehr apathisch gegenüber - gegen das Schicksal kann man doch nicht streiten. Und so verderbe ich mir nicht die Gegenwart im Hinblick auf die Zukunft, von der ich doch nichts weiss. Es ist in der heutigen Zeit stets besser an das Morgen nicht zu denken. Ob ich grosse Aussichten als Buchhändler hier habe weiss ich nicht. Hier ist alles von der Lage abhängig. Wird eine Konjunktur sein, dann wird es hoffentlich auch mir gut gehn. Wird es schlechter als jetzt, so weiss ich nicht ob ich mich hier behaupten kann. Und schlimmsten Falls habe ich einen Trost, den man nur in Palästina haben kann - schlimmstenfalls müsste ich in eine Kwuzah gehen. Angst vor dem Hunger brauche ich Gott sei Dank nicht zu haben und ich denke, dass das viel wert ist. Augenblicklich geht es mir sehr gut und ich hoffe, dass es noch lange so weiter geht.
Richard ist nun inzwischen fort und hoffe ich weiterhin sehr stark, dass ihn einer von Euch dort sehen wird, obwohl ich mir in Anbetracht Eurer Zukunft keinen grossen Hoffnungen hingebe.
Von der Haavarah habe ich mein Geld für Juli nun schon zeitig bekommen, leider wieder mit 53 % Abzug. Glücklicherweise schreiben sie stets: so un soviel à Conto Juni oder Juli, so dass das restliche Geld, ¾ ₤P monatlich noch eingezahlt werden kann, - wann spielt keine Rolle. D. heisst, dass ich statt z. B. 12 Monate je 3 ₤P bekomme ich auf diese Weise ca 14 Monate je 2 ¼ ₤P gekommen kann. Versteht Ihr? Natürlich müsste das die Devisenstelle noch genehmigen.
Gestern was ein Herr Simon aus Anrath bei uns um mich von Euch zu grüssen. Wahrscheinlich werden wir uns noch mal verabreden.
Neues weiss ich Euch nicht mehr zu erzählen. Nur denke ich oft daran, dass es gerade ein Jahr her ist, dass der lb. Pips hier war und dass inzwischen wieder viel Zeit verstrichen ist und sich für mich manches geändert hat. Ich glaube, zum Guten, sagen zu können. Hoffentlich wird es weiter so gehen. Und einmal wird auch der Tag kommen, an dem wir wieder zusammen sein werden - auch wenn es noch etwas dauert. Man muss nur den Kopf hochhalten und darf den Mut nicht verlieren - dann wird schon alles gehen. Solltet Ihr Richard sehen, viele Grüsse.
Euch viele Küsse und alles Gute
Euer Ernst.