Ernst Loewy an seine Eltern, 4. August 1938
Tel-Aviv, 4.8.38., Donnerstag.
Meine Lieben,
ich komme gerade auf einen Gedanken, der, so unglaublich er auch klingen mag, vielleicht doch etwas für sich hat. Das Problem Eurer Auswanderung habe ich oft genug durchgedacht, bis ich plötzlich auf eine Idee komme, die man vielleicht in die Tat umsetzen kann, allerdings nur unter schweren Opfern. Vielleicht ist es möglich, dass die lb. Mutter vorläufig alleine herkommt (auf Touristenzertifikat). Wie ich schon öfter geschrieben habe, ist es für eine Frau leichter etwas Arbeit zu finden (Kochen etc.). Ich müsste mir zusammen mit ihr ein Zimmer nehmen. Waschen und Essen würde dann auch für mich etwas billiger sein, und wenn wir so sparsam sein würden, wie es eben möglich ist, könnten wir mit 8 Pfund auskommen. Ich bekomme jetzt 1 ½ £P; aus Deutschland, vielleicht einmal mit Sallys Hilfe 3 £P. Vielleicht könnte Mutter zwei bis drei £P verdienen (???) Und mit ein wenig wird vielleicht auch Richard einmal einspringen können. - Vater dagegen könnte sich für sich ein Zimmer mieten, wobei er ja auch sehr sparen würde. Da er für Mutter nicht zu bezahlen brauchte, könnte er vielleicht auch mehr hierher schicken. - Dann wäre einer von Euch da, - und das ist unter Umständen besser als keiner. - Das wären so in Kürze meine Gedanken - und der einzige Ausweg, den ich mir irgendwie denken könnte. Zuraten will ich Euch sicherlich nicht dazu, jedoch halte ich es für meine Pflicht, Euch diese Gedanken mitzuteilen. Vielleicht wird Euch einmal nichts anderes übrig bleiben als Euch zu trennen.
Alles weitere müßte man der Zeit überlassen. - Aber wie gesagt will ich Euch bestimmt nicht dazu raten.
Für Euren Brief vom 20.7. vielen Dank. Ich warte noch mit Spannung darauf zu hören, wie es mit dem Treffen mit Richard wid. - Dass mir die Haavarah wieder ein halbes Jahr bewilligt hat, wisst Ihr, dass ich ein halbes £P mehr verdiene ebenfalls. Leider genügt es immer noch nicht Euch anfordern zu können. Von Tante Tinny erhielt ich auch einen Brief; sie schreibt es ginge ihr gut. Ebenfalls erhielt ich von Edith Post; sie hofft ihre Eltern schon in einem Jahr anfordern zu können. Sonst nichts Neues. Heute vor einem Jahr habe ich Dich, lieber Pips, aufs Schiff gebracht - wann werde ich Euch hier am Hafen abholen können?
Und nun erwarte ich baldige Antwort von Euch. Seid nicht betrübt, schlechte Vorschläge von mir gehört zu haben. Leider habe ich keine besseren.
Viele Küsse
Euer Ernst.
Ich bitte Euch diesen Brief mit Richard schriftlich oder mündlich zu besprechen.