Ernst Loewy an seine Eltern, 9. September 1938

Tel-Aviv, den 9.9.38.

Meine Lieben,

recht vielen Dank fuer Euren lieben Brief vom 26.8. Was Ihr mir mitteilt habe ich nun inzwischen auch von Rich. hier gehoert, der Anfang dieser Woche hier ankam. Wie Ihr Euch denken koennt hat er mir allerlei zu erzaehlen gehabt. Zuerst danke ich Dir liebe Mutter fuer die vielen Gruesse - ich freue mich, dass Du ein paar so schoene Tage verleben konntest. Zu Euren Zukunftsplaenen habe ich wie ich sehe garnicht mehr viel zu sagen, da Richard mir auch nicht viel mehr erzaehlen konnte als das, was Ihr mir schon selbst geschrieben habt. Und darueber habe ich Euch schon recht ausfuehrlich geschrieben. Worauf ich Euch vor allen Dingen noch einmal aufmerksam machen muss, ist die Sache mit den Paessen - ich habe auch mit Richard darueber gesprochen, und seinen Worten nach scheint Ihr an wesentliche Schwierigkeiten, die Euch deswegen entgegentreten werden noch garnicht gedacht zu haben. Meines Wissens liegt doch die Sache so, dass Ihr bis zum Termin Eurer Auswanderung keine Paesse mehr haben werdet - zur einmaligen Auswanderung werdet Ihr Wohl neue Paesse bekommen, doch ist es kaum anzunehmen, dass die Englaender auf solche Paesse Touristenvisa ausstellen. Meiner Ansicht nach ist gerade diese Frage so wichtig, dass eventuell alles daran scheitern kann. Ich bitte Euch bald genauestens zu informieren und mir gleich darueber zu schreiben. Was das noetige Geld zur Hinterlegung anbetrifft so hoffe ich, dass es nicht allzu lange dauert bis Ihr es zusammenhaben werdet. Ich glaube auch nicht, dass man die Sache noch auf die lange Bank schieben darf. Was eine Briefmarkensammlung hier wert ist weiss ich nicht - jedenfalls, wie alle ueberfluessigen Dinge hier in Palaestina, nicht allzu viel. Ge-

nauer werde ich mich noch einmal informieren. Richard glaubt uebrigens, dass es wohl Sinn haette das Auto mitzubringen, da man eventuell Geld damit verdienen kann. Die Unkosten hier sind wesentlich kleiner als in Deutschland, da man hier zum mindesten im Sommer keine Garage benoetigt. Ob es sich trotzdem lohnt weiss ich nicht - der Fuehrerschein kostet viel Geld und der Transport noch mehr. Ausserdem weiss ich nicht ob der Wagen ueberhaupt noch viel wert ist. Von Buechern lohnt es sich natuerlich nur gute Sachen mitzubringen. Was Ihr nicht mitbringen wollt bzw. koennt, und was Ihr ausserdem nicht verkaufen koennt, das schenkt der Universitaetsbibliothek in Jerusalem, die soviel ich weiss in Koeln eine Sammelstelle hat. Wenn moeglich schickt mir eine Aufstellung aller Buecher, damit ich Euch raten kann was sich mitzubringen lohnt.

Von mir hier nichts Neues. Es geht mir gut und bin ich den Umstaenden angemessen recht zufrieden. Anfang der Woche erhielt ich Geld von der Haavarah - leider immer noch nicht mehr. Doch komme ich auch so aus, nur ist es schade um das Geld das verloren geht. Auch die 10 RM. von Grossmutter habe ich inzwischen erhalten und danke vielmals dafuer.

Das waere fuer heute alles. Mit vielen Gruessen und Kuessen und den Wuenschen nach einem baldigen Wiedersehen
Euer Ernst.