Ernst Loewy an seine Eltern, 19. September 1938

Tel-Aviv, den 19.9.38.

Meine Lieben,

gestern besuchte mich Frau Huebschmann aus Moers und brachte mir die Sachen, die Ihr fuer mich mitgegeben habt: 2 wunderschoene Oberhemden, 4 Taschentuecher, und 2 Buecher, das dritte haette sie von Paris wieder zurueckgeschickt - es war die grosse Kunstgeschichte. Fuer alles vielen herzlichen Dank. Was sowohl Euch als auch mich noch wesentlich mehr interessieren wird, Lilienfelds sind schon seit einer Woche im Lande - und heute kam Werner mit seinem Vater zu mir, die Mutter waere noch in Afuleh. Vorlaeufig haben sie mich vielmals von Euch gegruesst, ausfuehrlich habe ich sie noch nicht gesprochen, ich erwarte sie aber jeden Moment; es ist schon spaet am Abend, und sie haben sich bei mir zum Uebernachten angesagt. Es werden Euch also bald die Ohren klingen. Viel Neues konnte mir Herr Lilienfeld natuerlich nicht mehr von Euch erzaehlen, da ich ja inzwischen von Richard alles erfahren habe. Wie Ihr richtig vermutet hattet, haben sich Lilienfelds aus dem Staube gemacht ohne Euch noch eine Abschiedsvisite zu goennen (nebst dazugehoerigen und unvermeidlichen Traenen) und haben sich auf frz. empfohlen um den Abschied nicht allzu schwer zu machen. Sie sind gut ruebergekommen, und geht es ihnen recht gut. Wahrscheinlich werden sie auf die Dauer nach Tel-Aviv kommen.

Euren lb. Brief vom 9. 9. habe ich erhalten, und merke ich mit jedem Briefe wie der Tag unseres Wiedersehens naeherrueckt. Dass die Sache mit Richards Rueckreise nicht so geklappt hatte wie es eigentlich sein sollte werdet Ihr doch wahrscheinlich durch ihn selber erfahren haben. Da er kein rumaenisches Visum erhielt verzoegerte sich seine Rueckreise um zirka eine Woche. Ein grosses Glueck ist nur, dass er sein Geld fuer

die Rueckreise, die er doch natuerlich vorher bezahlen musste zurueckbekommt, so dass die Sache ausser einer Woche Verspaetung wenigstens keine unangenehmen Folgen nach sich ziehen wird. Dass Ihr so allmählich vorwaerts kommt, freut mich - hoffentlich geht jetzt nur alles schnell weiter. Du schreibst, lb. Mutter, dass wenn Ihr herkommt so haettet Ihr kein Geld und koenntet dann keine Pension aufmachen. Aber etwas muesst Ihr doch tun, von der Luft leben koennt Ihr keinesfalls, und hier ist niemand, der Euch hilft. Mit der Pension muss sofort angefangen werden, sonst haben wir schon nach vier Wochen keinen Mil mehr zu leben. Vielleicht ist es ueberhaupt moeglich Geraete mitzubringen um somit wenigstens schon etwas zu sparen. Was sonst das Mitbringen anbelangt, so seht mehr auf gute als auf viele Sachen. Was sonst das Mitbringen anbelangt, so seht mehr auf gute als auf viele Sachen. Was ich brauche sind: Struempfe (sogar recht viel wenn moeglich) kurze Unterhosen, Oberhemden habe ich jetzt genuegend, eventuell noch eine einzelne lange graue Hose fuer den Sommer, was sich mitzubringen lohnt wenn das Geld langt ist sowohl fuer Euch als auch fuer mich ein wirklich guter Regenmantel (nicht Lederol) fuer die Betten schoene Ueberdecken (sie muessen aber wirklich schoen sein, auch wenn sie etwas ins Geld gehen, da die Betten ja im „Wohnzimmer” stehen werden und am Tage als Couch gelten) ausserdem muessen sie gross genug sein, diejenige, die Vater mir mitgebracht hat war viel zu klein. Kravatten benoetige ich vorlaeufig keine mehr. Die Schreibmaschine moechte ich Euch noch einmal bitten wenn moeglich nicht zu verkaufen. An Buechern bitte ich folgende unbedingt mitzuberingen: Goethe, Schiller, Shakespeare, Ibsen, Hebbel, Heine. Lexika, grosse Weltgeschichte etc. keinesfalls. Die alten Buecher mit Kupferstichen sollte Ihr dort versuchen guenstig zu verkaufen. Buber und ueberhaupt Judaica bitte ich auch dort zu lassen.

Jetzt kommen Lilienfelds.

Liebe Löwys! Natürlich haben wir sofort Euren Bubi besucht und ihn gesund angetroffen. Bei uns hat G. l. alles gut geklappt, wir erwarten Euch s. G. w. Oktober, es giebt Käsekuchen. Mit herzl. Gruße u. viel Glück
Lilienfeldt, Frau, Loto[?], Therese, Gigi.

Auch von mir die besten Grüße. Sie können glauben, daß wir jetzt nahezu glücklich sind. In der Hoffnung Sie bald hier begrüßen zu können, verbleibe ich mit vielen hzl. Grüßen Ihr
[..] Lilienfeldt.