Ernst Loewy an seine Eltern, 20. September 1938

20.9.38.

Endlich sind also Lilienfelds doch noch eingetroffen. Wir waren sofort die besten Freunde - Herr Lilienfeld ist auch ein praechtiger Mensch. Sie haben vorige Nacht bei mir uebernachtet (da ich alleiniger Herr von einer Dreizimmerwohnung bin kann ich mir ja so etwas erlauben) und werden auch diese Nacht noch bei mir bleiben. Und nun die Hauptsache: die Leute haben ein Schwein gehabt wie kein zweiter hier in Palaestina, sind zwei Tage in Tel-Aviv und Herr Lilienfeld ist schon Hausmeister in einer Wohnung in Schchunat Montefiore (ein kleiner Vorort von Tel-Aviv), er hat freie Wohnung - zwei Zimmer, Kueche, Bad - und verdient dazu ein Pfund und braucht kaum zu arbeiten. Was sagt Ihr dazu? Naechste Woche faengt er schon an - Werner und Hanna werden auch hierherziehen, sie koennen dann bei ihren Eltern wohnen und von dem Geld, das sie bisher fuer Miete bezahlt haben schon einen der Eltern ernaehrn. Ist das nicht grossartig? Ich habe mich schon riesig gefreut, ich glaubte bisher nicht, dass es solches Glueck in Palaestina gaebe. Herr L. bittet mich Euch das alles schon mitzuteilen, da er vorlaeufig keine Zeit haette Euch ausfuehrlich zu schreiben.

Was die Wohnung anbelangt so will ich auf jeden Fall versuchen sie zu behalten (auch wenn es eventuell etwas mehr kostet) damit Ihr, wenn Ihr so bald schon herkommt wenigstens ein Dach ueberm Kopf habt. Ein moebliertes schoenes Zimmer bei diesem Preise bekommt man nicht so leicht wieder. Ich weiss auch noch nicht ob Frau Hirschberg schon so bald wiederkommt, und bis dahin kann ich schon fuer ein Pfund hier wohnen, was mich sonst schon ein halbes Zimmer kosten wuerde.

Euren Brief habe ich gestern schon soweit beantwortet - was ich nur noch sagen moechte ist, dass Ihr mir den Saeuberlich nicht noch besorgen sollt, da es sich nicht lohnt. Somit fuer heute genug.

Es gruesst Euch und kuesst Euch
Euer Ernst.