Ernst Loewy an seine Eltern, 1. Oktober 1938

Tel-Aviv, Samstag, den 1.10.38.

Meine Lieben,

besten Dank fuer Euren lb. Brief vom 16.9. Lilienfeldts sind hier nun endgueltig gelandet, sie haben ihre Wohnung hier bezogen, und habe ich schon meine Visite dort gemacht. Werner ist krank, er hat Angina - auch ich bin stark erkaeltet, wie augenblicklich fast alle hier, der Witterungsaenderung wegen. Ich werde mich deshalb kurz fassen, da mir wegen des dauernden Niesens das Schreiben schwerfaellt. L. geht es gut, sie sind dabei sich zizigeweinen. Von ihnen selber einige Zeilen anbei. An den Feiertagen war ich in Kirjat A. Dort hat sich inzwischen sehr viel veraendert, eine neue Jugendalijah ist dort - Deutsche und Oesterreicher, sehr nette Kerls. Sie haben nur noch keinen Madrich, sie arbeiten den halben Tag, haben eine Stunde bei Schika Ivrith, spielen die andere Zeit Ping-Pong oder langweilen sich. Bamaaleh ist wie Ihr wissen werdet vor ca. zwei Monaten auf Hitjaschwuth gegangen und haben in der kurzen Zeit schon drei Steinhaeuser fast fertig gebaut. Und dabei arbeiten erst ca. dreissig Leute oben, der Rest arbeitet noch auf Aussenarbeit. Von unserer Gruppe allerdings sind schon fast alle oben. Am Tage an dem ich dort war, war gerade die Aufnahme unserer Leute als Chawerim - vorher waren sie ja nur auf Probe da. Alle ausser Erbse (die selber nicht wollte) sind aufgenommen worden, damit ist also ihr Austritt offiziell. Trotzdem bitte ich Frau Wertheim gegenueber zu schweigen. Der Ort, auf dem die neue Kwuzah ist, will ich Euch beschreiben: Kirjath A. selbst ist von vier Bergen umgeben, zwischen denen kreuzfoermig ein Tal liegt. Neben dem hoechsten Berg, den Du lb. Pips einst mit viel Mueh und Not erstiegen hast, liegt noch ein zweiter Berg, auf dem jetzt Bamaaleh gesiedelt hat.

Aus K. A. selbst nicht viel Neues, man fuerchtet sich vor den Arabern, und hat wieder einige neue Wachthaeuser gebaut. In Kubebe, der kleinen Gruenfutterflaeche bei Nes Ziona, die wir damals fuer unsere Kuehe gekauft hatten, ist vorige Woche ein Chawer der Kwuzah erschossen worden - wieder ein weiteres Opfer.

Auch von mir habe ich nichts Sonderliches zu berichten. Was das Mitbringen anbetrifft, so bitte ich Euch vor allen Dingen folgendes mitzubringen: Eure Federbetten, Steppdecken, Kissen, genuegend Bettwaesche. Da Ihr ohne Geld hierherkommt, koennt Ihr Euch keine Hotelwohnung leisten und muesst allen Bedarf mitbringen, so auch Kochzeug etc. Ich glaube kaum, dass die Englaender etwas dagegen einwenden koennen, auch wenn Ihr nur als Touristen kommt. Versteht Ihr? Um nochmal auf die Buecher zurueckzukommen, so bitte ich nur die von mir erwaehnten Buecher mitzubringen, und vielleicht einige, an denen Euch besonders viel liegt. Was sich nicht lohnt, ist Flavius Josephus, Laurids Brun, Buber, das Heptameron, Caesar Flaischlen, Genin, Gleichen-Russwurm, etc. Allzuviel koennt Ihr ja nicht mitnehmen, und auch hier werden wir nicht viel Platz haben. Auch die grossen Woerterbuecher lasst dort. Was Ihr ja mitbringen sollte habe ich Euch schon geschrieben.

Was Ihr auch nicht vergessen sollt sind ein paar Tischdecken, nicht zu grosse, ich kann noch ein paar Pyjamas gebrauchen, eventuell noch ein Paar braune Halbschuhe, Gummiueberziehschuhe fuer den Winter (auch fuer mich) wenn Platz und Geld da ist eine Schreibtischlampe.

Damit genug fuer heute, viele Gruesse und Kuesse Euer
Ernst.