Tel-Aviv, den 7.10.38., Freitag

Meine Lieben,

besten Dank fuer Euren lb. Brief vom 22. 9., den ich Anfang der Woche erhielt. Es freut mich, dass soweit alles klappt, hoffentlich werdet Ihr bald hier sein. Ihr koennt Euch denken, dass ich ebenso wie Ihr auch, fast keinen anderen Gedanken mehr habe als unser baldiges Wiedersehen. Ich warte schon darauf, dass ploetzlich von Euch ein Brief kommt: liebes Pipslein, komm uns dann und dann in Haifa am Schiff abholen. Lilienfeldts gaben mir den Rat Euch zu veranlassen bis Haifa zu fahren und nicht hier in Tel-Aviv zu landen, da das Ausbooten sehr unangenehm waere und ausserdem pro Person ein halben ₤P kosten wuerde. Da ist die Reise von Haifa nach hier noch wesentlich billiger. Dazu wuerdet Ihr die Gelegenheit haben gleich Haifa und ein Stueck des Landes zu sehen, wozu Ihr sonst so bald wohl keine Gelegenheit finden wuerdet. Von mir gibt es wie immer wenig Neues. Meine Wirtin ist jetzt wiedergekommen, und behalte ich aber die Wohnung, obwohl ich jetzt etwas mehr bezahlen muss, da es sich ja jetzt nicht lohnt bevor Ihr kommt noch einmal umzuziehen. Mir ist es jetzt auch besonders lieb, dass ich ein Zimmer fuer mich allein habe, so dass Ihr wenn Ihr kommt wenigstens schon fuer die ersten Tage geborgen seid. Wenn Ihr dann einmal hier seid, wird sich schon alles Weitere finden. Bei Lilienfeldts koennt Ihr schon deshalb nicht wohnen, da Schchunat Montefiore ausserhalb der Stadt liegt, und man bei dem jetzigen Curfew abends nach 6 Uhr nicht mehr nach dort gehen darf. Jedenfalls seid Ihr ja noch nicht hier und hat alles noch gute Weile.

Einige Wuensche noch: Die alten Fotoalben, die Dreimonatszeitschrift vom Realgymnasium mit meiner „Publikation“ (alle Hefte bitte), solltet Ihr sie noch haben die Briefe, die ich Euch von hier schrieb etc. Nicht zu vergessen Pipsleins Briefwechsel mit Karl May.

Auf Euren Brief ist nichts zu erwidern, lasst Euch die letzten Tage nicht unnoetig schwer fallen und seid vielmals und herzlichst gegruesst
von Eurem Ernst.