Ernst Loewy an seine Eltern, 19. Oktober 1938

Tel-Aviv, am 19.10.38.

Meine Lieben,

gestern erhielt ich Euren lb. Brief vom 14.10. und vorgestern den vom 8.10. Besonders mit Eurem Luftpostbriefe habe ich mich sehr gefreut, da ich aus ihm ersehe, dass nun endlich alles ins Klappen kommt. Es hat ja auch lang genug gedauert. Ich will nicht mehr viel Worte machen, da wir ja doch bald ueber alles muendlich sprechen koennen. Nun Einiges noch was Eure Reise betrifft:

In einem meiner letzten Briefe hatte ich Euch geraten nicht hier sondern in Haifa zu landen. Nach Ruecksprache mit Richard jedoch bin ich zu der Einsicht gekommen, dass dies unsinnig ist. Es kaemen naemlich zu den Fahrtkosten von Haifa bis hier noch die Kosten fuers Uebernachten - und das fuer drei Leute waere doch wesentlich teurer als das Ausbooten hier im Hafen. Ihr irrt wenn Ihr glaube das Schiff fuehre erst nach Haifa und dann hierher - es ist umgekehrt, erst legt das Schiff hier an und dann faehrt es nach Haifa. Ihr muesst also aufpassen, dass das Gepaeck hier ausgebootet wird und nicht mit bis nach Haifa befoerdert wird um unnoetige Transportspesen zu sparen. Also noch einmal: hier aussteigen.

Ausserdem fuerchte ich, dass das Briefmarkenalbum Zoll kostet - ich bitte Euch genau zu erkundigen, damit Ihr an der Grenze keine Schwierigkeiten haben werdet. Soweit zu Eurer Reise.

Anfang der Woche erhielt ich mein Geld von der Haavarah, etwas mehr als 3 ₤P. Auf dem Formular stand die Bemerkung, es waere die letzte Zahlung an mich - ich nehme an, dass Ihr gekuendigt habt.

Soweit zu den technischen Dingen.

Vielleicht ist dies schon mein letzter Brief an Euch in Deutschland. Ich warte schon auf genauere Daten wegen Eurer Reise.

Was ich Euch wuensche wisst Ihr selber. Ich bin gluecklich Euch bald in meine Arme schliessen zu koennen. Aber wundert Euch bitte nicht, dass Ihr das kleine Ernstchen, das Euch vor zweieinhalb Jahren verlassen hat, nicht mehr wiederfindet sondern einen erwachsenen Menschen. In meinen Jahren wird man schnell alt, besonders wenn man jahrelang auf sich allein angewiesen ist.

Damit genug fuer jetzt. Vielleicht schreibe ich Euch doch noch mal. Wenn nicht dann also jetzt schon die besten Wuensche, alles, alles erdenklich Gute. Es kuesst Euch
Euer Ernst.