Richard und Erna Loewy an Sohn Ernst, 30. April 1936
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30.4.36.
Mein lb. Ernst!
ich hatte mir vorgenommen, Dir heute einen Brief zu schreiben & da kam zu meiner grössten Freude Dein Brief von 19, 21, & 22 ds. Diesmal ging es sehr schnell, überhaupt sind wir jetzt mit Deinem Posteingang sehr zufrieden. Es klappt sehr schön, auch Du, lb. Pips, scheinst jetzt regelmässig unsere Post zu erhalten. Genau wie Du Dich damit & darüber freust, tun wir es. Hast Du das Geld jetzt erhalten? Wir hätten Dir auch so keine Schokolade mehr geschickt, aber zu Deinem Geburtstag, dazu der erste in der Fremde, wollten wir Dir eine kleine Freude machen. Du hast für uns ja immer so gerne den Tisch gedeckt, & da wollten wir Dich auch etwas erfreuen. Im Allgemeinen ist das ja Unsinn & zu teuer. Ihr bekommt sicherlich genug zu essen & davon würdet Ihr auch nicht satt.
Eben ist Vater von der Tour zurückgekommen, ziemlich nervös, das Geschäft ist auch augenblicklich zu schwer. Kein warmer Frühling, nichts wie Regen, dazu noch kalt. Onkel Paul ist auch noch immer verschnupft, er leidet immer noch an derselben Krankheit & die scheint auch nicht besser zu werden. Für seine Umgebung auch nicht immer angenehm. Auch sonst ist hier alles beim Alten. Die alten Herrschaften stöhnen nach gekannter Weise, ebenfalls auf der Hubertusstr. Übrigens
Empfange für heute viele herzl. Grüße und tausend Küsse von Deinem Großvater & Deiner Großmutter.
habe ich gestern Tante Mathilde zu ihrem Geburtstag einen Füllfederhalter in Deinem Namen geschenkt. Sie hat sich von allen Geschenken damit am meisten gefreut, & will Dir dieser Tage damit auch schreiben. Lore möchte auch sicher einen Füllfederhalter, Bücher hätte sie schon eine Menge. Vater hat ihr Seide für einen Schlafanzug bestellt, die bekommt sie persönlich von ihm. Für Dich besorge ich schon das Richtige.
Dass Du Dich so gut & so schnell eingelebt hast, freut mich ganz besonders. Weisst Du noch wenn Vater immer sagte, „warte nur Bürschen, wenn sie Dir in Erez erst die Mistgabel in die Finger drücken” & nun ist es Wirklichkeit geworden. Ich würde Dich ja gerne einmal dabei sehen, wie ich überhaupt gerne einmal bei Euch hineinspitzen möchte. Isst Du auch ordentlich, oder spielt auch dort wieder Brot bei Dir die Hauptrolle. Bekommst Du auch Obst, Butter hast Du bis jetzt auch noch nicht erwähnt. Dürft Ihr so oft Ihr wollt Wäsche wechseln, oder besteht darin eine Vorschrift.
Also mein lb. Junge, dass Dir das Landleben so gut gefällt ist uns eine grosse Beruhigung & auf jeden Fall für Dich ein Stück Gesundheit. Wenn ich denke, Du wärst hier in eine Fabrik gekommen, wie Ernst Hirsch & müsstest jahrein, jahraus den Dreck schlucken. Da hast Du's schon besser. Nun freue ich mich schon wieder auf Deinen nächsten Brief & bin für heute mit tausend Grüssen & Küssen Deine Mutter.
Wirst Du dort Eli gerufen?
Mein lieber Ernst! Auch ich freue mich riesig über Deine Zeilen & daß es Dir so gut geht. Nur stets den frohen Mut behalten! Da ich Dir vor 2 Tagen erst einen langen Brief geschrieben habe, will ich mich heute damit begnügen. Also, Pipslein, liebes, viele Küsse [..] Dein Vater.
Gruß an alle Chawerim & Chaweroth! Ilse besonders.