Richard und Erna Loewy an Sohn Ernst, 11. Mai 1936

Mein lb. Junge!

Zum Schluss auch noch einige Zeilen von mir. Dein Brief, geschrieben an Deinem 16. Geburtstag hat mir besonders viel Freude gemacht. Erstens, weil Du den Tag auch drüben beschenkt worden bist & Du ihn zufrieden verbracht hast & dann über Deinen Rückblick. Ich sehe daraus, dass Du ein guter Kerl bist, & wir uns ganz auf Dich verlassen können. Bleib mir weiter so brav, dann wird schon was aus Dir werden, mein Kind! Deine Post ist ungefähr 8-10 Tage unterwegs & meistens bekommen wir sie am Sonntag. Wir freuen uns dann immer wie die Könige & verleben den Tag noch einmal so schön. Für Vater freut mich das am meisten, weil er dann zu Hause ist, & am Montag viel froher wegfährt, als wenn kein Brief gekommen ist.

Alle Neuigkeiten hat Vater Dir schon berichtet & da ich beim Hausputz bin & wenig Zeit habe, musst Du für heute hiermit zufrieden sein. Deine Briefe habe ich alle besorgt. Dieser Tage mehr. Tausend herzliche Grüsse & Küsse Deiner
Mutter.

Sobald ich weiss, dass Du das Geld erhalten hast, schicke ich Dir wieder 10,- Mk. Aber erst musst Du die andern haben. Das dauert aber lange, bis es dort ist. Nochmals Kuss Mutter.

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Krefeld 11/5.36

Lieber Ernst!

Aus Dein letzten Zeilen, ersehen wir zu unserer größten Freude, daß es Dir gut geht & Dir die Arbeit Spaß macht, womit wir uns nicht weniger freuen.

Ich möchte Dich, mein lieber Junge mal bei der Arbeit sehen. Wäre es nicht so ein verflucht langer Weg, ich würde mich gerne mal persönlich davon überzeugen, aber so weit kann ich nicht mehr gehen, bei mir, langt's nur noch bis zum Stadtgarten. Alles Wissenswerte, schreiben Dir ja ausführlich Deine l. Eltern, sodaß ich mir das ersparen kann.

Also mach's weiter gut & sei herzlichst gegrüßt und geküßt von
Deinem Großvater.

Lieber Ernst.

Auch ich bin herzlich froh, wenn von Dir ein Brief kommt, der uns Deine Gesundheit und Zufriedenheit meldet. Wie ist es eigentlich mit dem Essen, Du schreibst es wächst dort viel Obst, bekommt ihr auch davon oder wird alles verkauft. Dann möchte ich auch mal gerne wissen, ob Du tüchtig futterst, und ob ihr in eurer Freizeit schon mal Unsinn macht und euch amüsiert und singt und springt.

Du siehst l. Ernst, Dein Ömken möchte Dich gerne immer froh wissen. Nun weiterhin alles Gute, sei herzlichst gegrüßt u. geküßt von Deiner Großmutter.

Krefeld, 11.5.36.

Mein lieber Junge! Nach langem Warten kam endlich heute Dein lieber Brief an, geschrieben vom 25/4-2/5., der uns wieder viel Freude gemacht hat. Denn wir sehen, daß Du gesund & zufrieden bist. Besonders gerne hören wir, daß Dir die Arbeit Freude macht; bleibe nur immer froh und voller Mut, dann wird schon alles recht werden. Du weißt, mein lieber Junge, dem Mutigen gehört die Welt! Nur die gute Laune nicht verlieren; wenn es mal schwerer wird als gewöhnlich, dann sing' Dir ein Liedel oder pfeif' Dir eins! - In Gedanken sind wir immer in Liebe bei Dir, - bis wir es eines Tages wieder in Wirklichkeit sind. Vertrau auf G'tt, es wird auch das zu seiner Zeit kommen. Heute brauchst Du Dir keine Gedanken um die Zukunft machen; genieße Du Deine Jugend und die Gegenwart. Alles andere kommt schon von alleine; man muß alles in Ruhe an sich herantreten lassen.

Deine Berichte über dort lasen wir mit größtem Interesse. Gib uns nur bitte immer wieder weiter so ausführliche Berichte, dann werden wir uns schon mit Dir allmählich dort zurechtfinden. Wie kommst Du mit Deinen Chaverim & mit Deinen Zimmergenossen aus? Es ist ja noch so unendlich viel, was wir wissen möchten, aber wir wollen Dich nicht mit vielen Fragen belästigen, Du wirst uns mit der Zeit wohl schon von alleine alles Wissenswerte mitteilen.

Uns geht es immer gut. Eben ist Tante Lenchen weggegangen, die den Opa besucht hatte. Friedel hatte ihr Ausgang gewährt!

Heute früh war Lore hier, sie brachte Mutter zum „Muttertag”, der

heute hier gefeiert wird, einen Strauß roter Tulpen. Ist das nicht reizend? Mutter hat sich auch sehr damit gefreut. - Dein Geschenk zum „Muttertag” war heute Dein langer Brief, worüber sich Deine Mutter auch herzlichst gefreut hat. Lore kommt immer zu mir am Sonntag früh, ich habe dann immer den Wagen vor der Türe & fahre sie dann heim, was sie gern annimmt. Für nächste Woche, Samstag oder Sonntag ist sie wohl bei uns auch zum Mittagessen; sie ist doch bei uns jetzt Kind NoII2. Wenn Lore da ist, klingen Dir wohl manchmal die Ohren! - Lore weiß noch immer nicht, ob Du ihr Paketchen bekommen hast. Hast Du die Postanweisung erhalten. Du bestätigst gar nichts. - Hast Du eigentlich für die Paketchen Zoll bezahlen müssen; hier haben sie nichts gekostet. Daß von dem einen Paketchen die Hälfte gefehlt hat, ist doch eine Schande. - Deine Briefe werden wir weitergeben an Kronach etc.

Dank auch für die Marken, bes. auch für die polnischen. Ich habe gestern die Olympia-Serie gekauft, die ich an Dich verwende; löse sie bitte sorgsam ab & schicke sie mir wieder. Hast Du nicht Lust, Dir dort zur Zerstreuung eine Sammlung anzulegen? Ich könnte Dir ja vorerst mal aus meinen Dubletten eine ganze Menge schicken, die für den allerersten Anfang reichten.

Frau Dr. Kaufmann sprach dieser Tage mal die l. Mutter an; sie freute sich, zu hören, daß es Dir gut geht; sie bedauert es sehr, nicht zu wissen, was sie mit dem Georg anfangen sollen, ob sie ihn auf der Schule lassen sollten oder was sonst. Sie läßt Dich vielmals grüßen. Er, Dr. K., sprach mich neulich auch an & fragte nach Dir. Gestern sprach mich Herr Härig auch wieder an. -

Dank für den Film, der morgen zu Horster kommt. Bild erhältst Du dann. -

Nun viele Grüße & Küsse & [..] Dein
Vater.

Was macht Dein Iwrith? Geht es schon einigermaßen?

Liebes Pipslein, schreib doch bitte ein Briefchen, das wir Tante Tini nach Wien mitschicken können. Bitte nicht vergessen, die alte Tante freut sich bestimmt sehr!