Erna Loewy an Sohn Ernst, 3. Juli 1936
3.7.36.
Mein lb. Ernst!
ich will schon einmal einen Brief anfangen & mir das schonmal von der Seele schreiben, was ich gerne möchte. Eben las ich in der C.V. Zeitung von einem Angriff auf Kirjat A., der mich natürlich beunruhigt. Ich will aber hoffen, dass sich alles immer schlimmer anhört, als es in Wirklichkeit ist & ersehne Deinen nächsten Brief.
Anbei ein paar Aufnahmen aus Eindhoven, 2 andere folgen noch. Sind die nicht nett geworden? Kurt ist ganz stolz wegen des guten Gelingens & Du freust Dich sicher damit. Und nun noch was Erfreuliches für Dich. Mittwoch lernte ich auf der Hubertusstr. einen Verwandten von Tante Jettchen aus Gladbach kennen, der kommenden Montag nach Erez abreist. Dieser Marc Levi ist nun so freundlich & bringt Dir die Leinenhose & eine Leinenmütze mit. Er will sie Dir von Jerusalem aus zustellen lassen, hoffentlich hat er recht bald Gelegenheit dazu. Die Hose konnte ich aber nicht in hellgrau oder beige bekommen & nahm ich daher eine weisse, ganz grobes Leinen, eine fabelhafte Hose, kostete aber auch 7.50. Hellgrau schmutzt doch ebenso schnell & deshalb hatte ich auch keine Bedenken. Sie ist von Gerke, die Dir die braunen Hosen besorgt haben & haben sich die Leute sofort nach Deinem Ergehen erkundigt & ob es Dir auch gut gefällt. Ich fand das sehr nett. Eine blaue lange Leinenhose bekommst Du dann bei nächster Gelegenheit, die Braut dieses Herrn fährt im Herbst rüber
& nimmt mir bestimmt etwas mit. Erstens konnte der Herr nicht viel mehr unterbringen & dann hatte ich im Moment auch kein Geld. Daran fehlt es leider immer noch bei uns & wenn wir nicht mal das grosse Los gewinnen, wird es wohl auch dabei bleiben. Aber die Hauptsache, wir sind gesund & dann sind wir schon sehr zufrieden. Und wenn nur Du glücklich & zufrieden bist. Ich erwarte jeden Augenblick unsern Pips zurück, es ist Freitag Abend 7 Uhr. Hoffentlich kommt er bald, Du weisst ja noch, wie wir immer auf ihn gelauert haben. Er ist auch zu bedauern, täglich auf der Landstraße liegen ist auch kein Vergnügen. Und alles wegen der paar Kröten!
Gestern war ich mal bei Rosbergs. Der Zustand von Fritz ist schrecklich. Ich musste von Dir erzählen & da hat er sich ins Küchenfenster gelegt & hat in den interessanten Hof gestiert mindestens ¾ Stunden. Frau R. möchte, er ginge auch zur Jugend-Alijah, aber die Vorstellung ist ja schon lachhaft & Fritz selbst würde es auch nicht machen. Er will aufs Kontor! Ich soll Dich grüssen, von Meyers aus Mörs, die jetzt hier wohnen, von dem Mädel, die uns die Hosen verkauft hat & von vielen mehr. Ich kann das nicht immer behalten, ich werde zu oft angesprochen & nach Dir gefragt. Für heute will ich schliessen, mein lb. Pipslein, in der Hoffnung, dass es Dir & allen andern recht, recht gut geht & Ihr von all den Übeln verschont bleibt. Viele Grüsse & herzliche Küsse Deiner
Mutter.
Gleichzeitig gehen auch wieder Zeitungen an Dich ab.