Richard Loewy an Sohn Ernst, 4. Juli 1936
Sonntag, 4./7.36.
Mein lieber Ernst!
Heute Sonntag, - und doch kein Sonnentag! Es regnet - und Dein Brief ist ausgeblieben! Ich hoffe nur, daß es nichts zu bedeuten hat & daß morgen - genau wie vor 8 Tagen - Deine Post kommt. - Die Nachricht, daß auch auf K. A. ein Angriff erfolgt ist, gefällt uns, wie Du Dir denken kannst, nicht besonders; umsomehr erwarten wir Deinen Bericht hierüber sehnsüchtig! Schreib uns bitte ausführlich darüber! Die l. Großmutter weiß davon gar nichts, wir haben ihr die Zeitung mit dieser Nachricht vorenthalten; sie unkt ohnehin schon genug & hätte es natürlich liebe, Du hingst an ihrem Schürzenbändl! - Ich wünsche Dir, Euch allen & ganz Erez, daß diese Stürme bald endgültig vorbeigehen & wieder Ruhe im Lande eintritt. Auf alle Fälle, den Kopf oben behalten, den Mut nicht verlieren & tapfer sein! Mit Gttes Hilfe wird schon alles gut werden!
Uns geht es soweit gesundheitlich gut. Geschäftlich geht es bisher auch noch. - Hoffentlich klappt es weiter. -
Ich habe gestern dem Herrn Levi (ein Enkel von Tante Jettchen) geschrieben, er möchte die Sachen für Dich bei der Tnuvah in Jerusalem abgeben, wo der Milchwagen jeden Tag hinkommt. Sprich bitte mit dem „Milchmann”, daß er sich in ca 10-14 Tagen mal bei der Tnuvah erkundigt.
Morgen fahr ich mit Mutti nach Düsseldorf; wir fahren auch bei [..] an in Gerresheim. - Wenn wir dann morgen Abend früh genug zurück sind, gehen wir beide mal zu Z.O.G., ich nehme dann Deine letzten Briefe mit. Gestern trafen wir Esthers Vater, der sich eingehend nach Dir erkundigte. -
Auf Deinen letzten Brief will ich noch jetzt zurückkommen; ich konnte ja auf der Reise nicht drauf antworten, weil ich den Brief nicht mit hatte! -
Auf Deine Aufnahmen freue ich mich sehr. Du kannst ja die Filme schicken & lassen wir die Bilder machen. Du wirst wohl braun wie ein richtiger „Erezianer” sein! Hoffentlich auch so gesund & stark! Da Du über Deinen Gesundheitszustand überhaupt nicht schreibst, nehme ich an, daß alles in bester Ordnung ist. Was macht Dein Magen & Dein Hals? Hast Du noch das Räuspern?
Von den Marken habe ich 20 Stk gebrauchen können, mehrere der polnischen hatte ich schon; macht aber nichts, habe ich mal ein paar nette Dubletten. Einige kann ich ja mit nach Kronach nehmen; Ernst Lamm freut sich auch, wenn er tauschen kann. Einige von den Meinen füge ich dabei. Viel ists ja nicht; denn gute Sachen habe ich ja nicht mehr.
Deine Freundin Lore hat sich die ganze Woche noch nicht sehen lassen& Deinen Brief noch nicht geholt. Anscheinend gefällt es ihr in der neuen Wohnung so gut & hat mit der Einrichtung ihres Zimmers zu tun.
Mit Deiner Läusespritze kannst Du auch zu uns kommen. Die ganze Kohlernte gibt nichts, die Bäume sind auch von Läusen befallen & müssen nächstes Jahr bespritzt werden. Und wie waren diese mit Blüten besät! Nur ein paar Kirschen, ein paaar Äpfel & viele Stachelbeeren, einige Johannisbeeren, das ist alles!
Wie ists Schachturnier ausgegangen? Hieß es: ferner liefen: Eli - -
Schreibe bitte, ob Du das 2. Päckchen, die Hose & die Mütze erhalten hast; auch die 2. Sendung Zeitungen. Einen Schnellhefter senden wir Dir nächste Woche mit. Er wird vielleicht etwas gedrückt ankommen, ist aber nicht schlimm.
Gestern sandte Dir eine neue 15 Pf. Marke (auf den Zeitungen); schicke diese bitte erstmal zurück, da ich sie noch nicht habe; spätere magst Du behalten. - Nun Schluß für heute.
Recht viele Küsse & [..]
Dein Vater.
6/7. Heute waren wir in Düsseldorf. Bei Kaufmanns. Dort lasen wir einen Brief von Küken v. 29/6., der mit Luftpost heute angekommen war nun also nur 6 Tage unterwegs war. Von Dir war leider gestern & heute (Montag) nichts gekommen! Hoffentlich bist Du gesund & wohl. Auch von Ilse ist (seit 14 Tagen schon nicht mehr) nichts gekommen. Kaufmanns gehts gut. Sie zeigten uns ein Bild, aber Du bist leider nicht drauf.
Nochmals Grüße & Küsse
Vater & Mutter.