Richard Loewy an Sohn Ernst, 29. September 1936

Z. Z. Attendorn, 29.9.36. Dienstag.

Mein lieber Ernst! Ich bin heute Abend solo hier im Hotel & denke Deiner; nun sollst Du auch gleich einen Gruß haben. Besondres habe ich nicht für Dich, Deinen Brief haben wir Dir ja von daheim ausführllich beantwortet. Ich hoffe Dich, mein Lieber, weiter gesund & froh. Alle Kunden fragen mich immer nach Dir & man wünscht Dir allerseits das Beste. Sei froh, daß Du in K. A. bist! - Denk Dir, ich begegnete gestern in Hagen meinem alten Zahlmeister, mit dem ich 1915 im Felde war. Wir erkannten uns sofort & hatten große Freude. Er lud mich zum Mittagessen ein & begleitete mich bis Lüdenscheid, um noch mit mir zusammensein zu können. Er betreibt (zum Vergnügen!) Imkerei, hat 23 Bienen-Völker & gab mir für die lb. Mutti ein Glas I a Honig mit. Nett, was? Wir hatten uns 21 Jahre lang nicht gesehen & doch sofort erkannt. Als ich erzählte, Ihr hättet 300 Bienenstöcke, fragte er, wieviel Honig Ihr erntet. Schreib mir das bitte mal. Wir hatten viel Freude. - Geschäft war heute sehr gut. Morgen fahre ich nach Olpe-Laasphe.

Daß ich dabei natürlich viel an Dich & unsre schöne Reise vor 2 Jahren dachte, kannst Dir denken. Weißt noch, wie Maurer nach Dreistiefenbach wollte? Und der Schlör in „Bigge”? & die großen Brötchen in Hilchenbach! Und dann daheim zum guten Abschluß der Autozusammenstoß? Andre Zeiten! - Nun, mein lieber Junge, weiter alles Gute! [..]! Grüße alle bekannt & unbekannt & vielle Küsse Dein
Vater.

Ich freu mich jetzt schon auf Deinen nächsten Brief!

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Ernst Loewy
Jugend-Alijah
Kirjath-Anavim
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Palästina

Abs.: Rich. Loewy
Krefeld
Nordwall 117