Richard und Erna Loewy an Sohn Ernst, 18. Dezember 1936
Krefeld, 18./12.36.
Mein lieber Ernst.
Vielen Dank für Deinen lieben Brief v. 7.-10. ds. Mts., der uns wieder rechte Freude macht. Ich will ihn sofort beantworten, dann kann er, mein Antwortbrief, schon morgen ab München gehn & Du hast ihn schon am 24/12. in Händen. - Daß die Commission bei Euch war, wußte ich schon, es stand schon in der Rundschau. Hoffentlich haben die hohen Herren einen guten Eindruck von Euch mitgenommen! Wir wollen hoffen, daß das Endurteil der Commission günstig abschließt & daß es dann endlich zu einer Zusammenarbeit zwischen Juden & Araber kommt. - Über Deine Fahrt nach Kw. Schiller Näheres zu hören, sind wir gespannt, sodaß wir schon heute mit Sehnsucht Deinen Bericht erwarten. - Daß Ihr auch sonst noch so manches auf Eurer Fahrt zu sehen bekommt, ist ja sehr schön. Im Laufe der Zeit werdet Ihr wohl noch ganz Erez zu sehn bekommen. Deine Mitteilung über Eure Sichah über Eure Gruppe hat uns sehr interessiert. Es wäre ja nun sehr schön, wenn dadurch das Einvernehmen unter der Gruppe besser würde. - Was Du nun über Dich selbst & Deine Zukunft schreibst, so haben wir Dir im letzten Brief schon lang & breit darüber geschrieben. Lassen wir das alles, bis 1938. Wir sind aber sehr beruhigt, zu wissen, daß Du Deinen guten Mut & Deine frohe Laune behalten hast. Daran hängt ja alles, mein lieber Junge! Und wenn es ganz schwer ist: vertrau auf Gtt! Er hat bis hierher geholfen, er hilft auch weiter!
Besonders gefreut habe ich mich darüber, daß Du schreibst, Du möchtest später am Lande bleiben, denn Dir gefiele die Freiheit des Landlebens. Siehst Du das jetzt ein? Über die Möglichkeiten am Lande aber wollen wir uns heute nicht den Kopf zerbrechen, kommt Zeit, kommt Rat!
Von hier: nichts Besondres. Es geht wie immer; ich bin zu Hause & warte auf den Januar, wo ich wieder arbeiten kann.
Lore habe ich nicht mehr gesehen; sie kommt nicht mehr zu uns. Ich bin neugierig, ob sie in den Ferien mal kommt.
Dieser Tage sah ich mal alte Briefe, die wir in den Jahren 1919-22 an meine verstorbenen Eltern schrieben, durch (ich habe sie s. Z. „geerbt”) & habe sie vernichtet. In manchen schrieben wir auch über Dich, der Du damals so klein warst; da Dich diese Bemerkungen vielleicht interessen, schnitt ich sie aus & sende sie Dir [..]. Du kannst sie ja vernichten, wenn Du sie gelesen hast. Solche Dinge der Kindheit sind ja nett.
Besondres habe ich heute gar nichts. - Frau Kaufmann wird erst am 21/1. abfahren. Hast Du einen Wunsch, Frau K. bringt Dir gern was mit; jedenfalls werden wir Dir 1 P. Arbeitsstiefel mitsenden. Schreib bitte darüber.
Dies ist wohl der letzte Brief von mir, den Du 1936 bekommst, daher schon masel & brochot für 1937! - Wir wollen Dir zwar in den nächsten Tagen nochmal schreiben.
Nun Schluß für heute. Viel innige Küsse [..]
Dein Vater.
Mein lb. Ernst! Vater möchte, dass der Brief morgen schon in München & mit dem nächsten Schiff abgeht, drum schreiben wir heute in Eile. Dieser Tage schreibe ich dann ausführlich über Deinen Brief, der uns nun vollständig beruhigt & mit dem wir uns von Herzen gefreut haben. Dass Ihr jetzt häufiger Fahrten macht ist ja herrlich, wir machen alles im Geiste mit. Bleib gesund & munter viel Gutes & eine Menge Küsse
Deine Mutter.
Anbei ein paar Stäbchen & eine Karte 9.