Erna Loewy an Sohn Ernst, 16. Februar 1937

Krefeld, Mittwoch, den 16.2.37.

Mein lb. Junge! ich fange heute schonmal einen Brief an, damit ich die Neuigkeiten, die ich gestern erfahren habe, bis Ende der Woche nicht wieder vergessen habe. Einmal war Fritz Rosberg da & hat erzählt, dass er wahrscheinlich am 1.3. in einem Seidengross Geschäft eintreten kann. Es hängt noch von der Arbeitsbewilligung ab. Wie lange wird das dauern & er ist wieder soweit wie vor einem Jahr. Meiner Ansicht tut auch das nicht gut. Von den 11 Schülern, die Ostern abgehen, haben nur 3 Aussicht auf eine Lehrstelle & was wollen die andern anfangen? Und dann Lore! Sie bleibt Ostern, in derselben Klasse, in der sie schon 2 Jahre hockt, wieder sitzen. Das ist doch von diesem Persönchen kaum zu glauben, die doch sonst so helle ist. Ihre Eltern wissen sich keinen andern Rat, als dass sie sie nach Düsseldorf auf eine jüd. Volksschule schicken, wo sie auch Gelegenheit hat, Sprachen weiter zu lernen. Sie muss also ab Ostern jeden morgen nach D.dorf & nach dem Unterricht wieder heim. Keine angenehme Sache für so junge Damen; aber sie hätte ja lernen können, das Zeug hat sie bestimmt dazu.

Freitag & leider kein Brief. Hoffentlich kommt er morgen. Wir haben hier den reinsten paläst. Regen, Vater wird glücklich sein, wenn er gleich zu Hause ist, was hoffentlich nicht mehr lange dauert. Eben schlägt es 6 Uhr also gut Schabbes. Morgen mehr lb. Pipslein. Ich habe gestern die alte Frau Bann besucht, die jetzt im Paulystift ist & der es für ihre Jahre sehr gut geht. Ihre erste Frage war, wie geht es Ernstke & viele Grüsse für Dich. Die freut sich immer ehrlich, wenn sie Gutes von Dir hört.