Erna Loewy an Sohn Ernst, 2. April 1937
Freitag, den 2.4.37.
Mein lb. Junge!
Damit ich nicht daran vergesse, möchte ich Dich zuerst um etwas bitten. Onkel Sali feiert am 17 ds. seine Silberhochzeit. Schreibe sofort eine Karte hin. Es ist mir durch den Kopf gegangen, sonst hätte ich Dir dies früher geschrieben. Sie nehmen Deinen Glückwunsch aber auch etwas verspätet, aber gerade bei den Münchenern hätte ich gerne, wenn Du hinschreibst. Und nun recht viel Dank für Deinen lb. Brief vom 22-26 ds. Uns geht es genau wie Dir. Jeden Tag sagen wir, heute vor einem Jahr ist Ernst abgereist, oder heute war er in München, oder heute gingen sie aufs Schiff & gar heute bist Du schon ein Jahr an Ort & Stelle & Ihr seid vielleicht gerade dabei, das festlich zu begehen. Ich will nur hoffen, dass bei Euch alles ruhig ist & Ihr auf Fahrt gehen konntet. Dann hast Du uns wieder viel Schönes zu berichten & wir erleben im Geiste alles mit Dir. Bis Du diesen Brief erhältst, wirst Du auch Frau Mendel & Töchterchen gesprochen haben. Wenn Vater auch schon für die Reise alles eingefädelt hat, glaube ich doch erst richtig daran, wenn ich ihn zum Bahnhof bringe & der Zug wirklich mit ihm abdampft. In einer Zeit wie die jetzige kann man sich von heute auf morgen nichts vornehmen, auch wenn man schon eine Anzahlung auf die Passage gemacht hat & der Knickerbocker schon im Schrank wartet. Halten wir alle mal den Daumen! Dieselbe schöne Reise
macht er wohl nur zum Teil. Da er über Frankreich fährt, glaube ich nicht, dass es so schön als über Triest ist, aber erstens bekommt man keine Erlaubnis für Österreich & dann ist es über Paris cir. Mk 60,- billiger & das ist natürlich für uns viel Geld. Aber auch die Fahrt kann sehr schön sein, auf See ist man natürlich länger trotzdem auch der Preis etwas billiger ist. Wir wollen mal nicht mehr so viel davon reden, vielleicht klappt es dann wirklich! Unser Pessach ist sehr ruhig verlaufen bei schlechtestem Wetter. Heute ist die Temperatur ein klein wenig gestiegen. Am Mittwoch habe ich Vater nach Cleve begleitet & habe unterwegs tüchtig gefroren. Erst ein ordentlicher Teller Erbsensuppe brachten meine Gemüter wieder in Ordnung. So sieht es noch bei uns aus & Ihr habt schon Sommer. Wie bei Euch alles verlaufen ist, hören wir dann ja wohl in Deinem nächsten Brief, oder werdet Ihr auf Fahrt nicht viel soviel schreiben können. Hellmut Frank liegt immer noch krank in Bad Dürrheim, wo er sich vor der Untersuchung noch erholen sollte & Herbert Meyer ist schon nicht mehr in Rhodesien, sondern wieder 12 Stunden weiter. Nur Ernst Levy hat Glück in Johannesburg, er muss eine blendende Stellung haben, Paul hat noch nichts. Etwas Besonderes habe ich Dir heute kaum zu berichten. Es geht uns allen gut, das Geschäft wird hoffentlich auch bald einsetzen, mehr wollen wir ja nicht, als dann noch Deine zufriedenen & guten Briefe. Wenn das alles zutrifft sind wir mehr als zufrieden.
Tausend gute Wünsche & innige Küsse Deiner
Mutter.
Von Dr. Bluhm, Onkel Michel, Hilde Meyer & s. w. sollen wir Dich vielmals grüssen.