Erna Loewy an Sohn Ernst, 30. April 1937

Freitag, den 30.4.37.

Mein lb. Ernst!

Nach langer Pause erhielten wir heute endlich mal wieder einen Brief von Dir, vom 19-21 ds. Obgleich Du ihn früher als sonst aufgegeben hast, kam er doch erst an dem berühmten Freitag, ich hatte früher auch garnicht damit gerechnet. Und recht viel Dank dafür; Deine beschaulichen Ausführungen von Eurer Fahrt machen mir sehr viel Freude, auf der Landkarte habe ich auch immer alles verfolgt. So schön es für Euch gewesen ist, so werdet Ihr doch auch wieder froh sein, wieder zu Hause sein zu können. Ob Du nun inzwischen in Jerusalem gewesen bist, da hättest Du in letzter Zeit Abwechslung genug gehabt. Keiner freut sich darüber mehr als wir. Post hast Du ja genügend vorgefunden, als Du heimkamst. Auch, dass Du Ruth Mendel gesprochen hast & die Weste passt, freut mich. Das Buch Tonio Kröger werden wir bestimmt auch noch finden, Vater kann es Dir dann mitbringen. Es ging damals so eilig nach Essen, ich muss mal in Ruhe den Bücherschrank auspacken, denn ich meine auch bestimmt, dass es da sein muss. Es stammt noch aus meiner Mädchenzeit.

Wie lange hast Du denn gedacht, dass Vater seine Tätigkeit hier unterbrechen kann, um bei Dir zu bleiben. Du musst auch bedenken, dass, wenn er nicht reist, auch nichts verdient & so lange zu pausen können wir uns doch nicht leisten. Du

musst froh sein, wenn Du ihn schon 3 Wochen!! drüben haben kannst, wenn ich mal komme, ich habe dann umso mehr Zeit. Also sei nicht schon gleich enttäuscht, auch wollen wir vor allem mal hoffen, dass überhaupt aus der Fahrt was wird. Du weisst, ich bin misstrauisch. Vaters Jugendfreundin Frieda Loewy hast Du also auch gesprochen, da wird der Pips sich freuen.

Tante Therese sandte mir Geld, damit ich Dir etwas zum Geburtstag kaufe. Wenn Du einen Wunsch hast, bringt Vater Dir dafür etwas mit. Gelegentlich bedanke Dich mal bei ihnen, sie sind immer so gut & anständig. Und dann muss ich Dir mal wieder was von Fritz R. erzählen. Er hatte doch nun glücklich eine Lehrstelle in Düsseldorf, 4 Wochen zur Probe. Bei der Probe ist es mal wieder geblieben & nach den 4 Wochen wurde er als untauglich entlassen. Nun ist er in Behandlung bei einem Nervenarzt, 3 x wöchentlich fährt er zu einem Prof. nach D.dorf, ob der aber einen tauglichen Menschen aus ihm machen kann. Das ist doch ein furchtbares Kapitel, dabei ist er ein Riesenkerl geworden, so gross als sein Vater.

Morgen mehr, jetzt noch tausend Küsse
Deiner Mutter.

Anbei einen Antwortschein. Übrige Scheine kann Vater gebrauchen.