Richard Loewy an Sohn Ernst, 8. Mai 1937
Samstag, den 8/5.37.
Mein lieber Junge!
Auch mir hat Dein lieber Brief v. 27./4.-1/5. viel Freude bereitet. Ich sehe daraus, daß Du gesund & froh bist & daß Du Deinen Geburtstag mit vieler Freude bei lieben Freunden verleben konntest. Ich höre mit Vergnügen, daß Du bei Grünfelders warst & hoffe ich, daß ich diese anscheinend sehr lieben Leute auch bald kennenlerne. Die l. Tante Tini wird sich über diese Nachricht besonders freuen; ich will Deinen Brief mit nach Kronach nehmen & dann mal Tante Tini zur Kenntnisnahme einsenden. Onkel Ludwig will ich auch darüber schreiben; ich will ihm mal schreiben, daß ich zu Pfingsten nach Kronach fahre, wenn er mich sehen will, mag er hinkommen; ich glaube aber nicht daran, da seine Freundschaft zu Kr. ja nicht mehr sehr groß ist. Ich fahre am Donnerstag direkt nach Münchberg, wo mich Onkel Karl mit seinem Auto (er hat seit 1936 einen Opel) abholen kommt; am Freitag zu Meisters, am Samstag dann in Helmbrechts & am Sonntag & Montag in Kronach. Dienstag fahre ich schon wieder heim; ich habe jetzt keine Zeit, lange zu faulenzen. Es kostet alles auch soviel Geld & das fehlt ohnehin überall. Ich bin ja froh, nach 2 Jahren mal wieder hinzukommen; leider kann ich nicht auch nach Weiden zum Friedhof.
Ich bin nun gespannt, wo Du demnächst mit Deiner Arbeit landest. Vielleicht auch mal im Weinberg, oder bei den Bienen oder im Stall? Ich möchte Dir ja auch das letztere wünschen; denn das ist doch besonders wichtig, daß Du auch mal zu den Tieren kommst! - Daß Du soviel liest & auch alle Kurse mitnimmst, ist recht. Man kann ja nie genug lernen & was man weiß & gelernt hat, nimmt einem niemand ab. Daß Dr. Pinchas meist andrer Meinung ist als Du es bist, ist nicht schlimm; muß ergiebiger ist dann eine Aussprache; wenn 2 Menschen in allen Dingen übereinstimmen, kann es zu leicht vorkommen, daß sie sich dann gar nichts mehr zu sagen haben. - Man kann ja auch nicht mit allen Menschen gleich zusammenpassen & sich in gleicher Weise verstehen, aber es ist doch schön, daß Du mit Dr. P. auf einem Zimmer bist & so recht viel Umgang mit ihm hast. Lernen kannst Du gewiß viel von ihm. Mit wem bist Du denn sonst noch auf dem Zimmer? Und wie verstehst
Ihr Euch jetzt? Ist das Verhältnis zwischen den Gruppen jetzt besser als früher? Und wie ist das Verhältnis jetzt zwischen Euch & den Mädels? Edith scheint wohl Lore's Nachfolgerin zu sein? War Edith denn auch schon in Schniebinchen bei Euch? Ich kann mich nicht erinnern, je gehört zu haben, daß ein Mädel aus Frankfurt bei Euch ssei. - Über Deine Freundschaft mit Fritz bin ich sehr erfreut. Pflege diese für Dich besonders wertvolle Freundschaft auch mit besondrer Sorgfalt! Wenn Du wieder nach der Stadt kommst, sprich auch bei Grünfelders wieder vor. - Daß man auch dort an Deinen Geburtstag gedacht & Dich beschenkt hat, ist doch sehr nett.
Ich freue mich ja nun richtig auf meine Reise zu Dir. Hoffentlich glückt alles so, wie wir es vorhaben. 3 Wochen bei Dir sind ja keine lange Zeit, aber ich bin schon froh, daß ich diese Zeit herausschinden kann. Man ist eben leider ein Sklave des leidigen Geldverdienens. Das muß leider sein! Wenn mal, so G. w., die liebe Mutter kommt, kann sie hoffentlich umso länger bleiben. Und eines Tages, hoffen wir, werden wir ja dauernd bei Dir sein!
Von hier ist nichts Besondres mitzuteilen. Ich sehe & höre niemand; wenn ich hier bin, komme ich nicht vom Schreibtisch fort. Ich bin ja froh, wenn was zu tun ist & es dürfte ruhig noch mehr sein. Ich habe noch nicht mal Zeit zur [..], d. h. Hubertusstr. zu gehen; alle 14 Tage mal!
Morgen, Sonntag also, kommen Kaufmanns; daß wir auf den mündlichen Bericht gespannt sind, kannst Du Dir wohl denken.
Nun genug für heute. Also alles, alles Gute, mein lieber Bub, & viele, viele Küsse & [..]
Dein Vater.
Mutter sagt, ich möchte Die schreiben, wer der kleine Japaner auf dem Zeitungsausschnitt war. Kennst Du den kleinen Jungen nicht mehr, von dem man in Krefeld mal gesagt hat: „Kleine Japaner”?? Die Ähnlichkeit wurde hier einstimmig anerkannt! (Mutter sagt: „jetzt ist er beleidigt!”)
Das stimmt doch nicht?!
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