Richard Loewy und Familie an Sohn Ernst, 23. Mai 1937

ich also nichts weiter zu tun brauche als zu kommen! Na, also wollen wir das Beste hoffen, daß alles glückt. Du hast Recht, mein lieber Junge, ein Besuch von 2 Wochen hätte zu wenig Zweck gehabt; die Zeit ist wirklich auch bei 3 Wochen nicht zuviel.

Ich will Dir, mein lieber Junge, jetzt meinen Brief mit der Maschine weiterschreiben. Dein kleiner Vetter Ernst Benno hat die Schreibmaschine seines Vaters mit nach Kronach gebracht und es schreibt sich doch schneller mit der Maschine als mit der Hand. Der Apparat ist mir nur ein bisschen fremd, zumal ich auf diesem System noch nie geschrieben habe und auch ohnedies in den letzten Jahren nur sehr selten auf der Maschine geschrieben habe. Ich habe mir selber die vergangene Woche auch eine Maschine gekauft, nämlich die von Paul auf der Neusserstrasse hinterlasse Maschine. Ich habe sie auch dringend nötig. Nun zurück zur Beantwortung Deines l. Briefes. Deine Angaben wegen der Ausrüstung habe ich mir vorgemerkt, ich werde mich, wenn möglich, darnach richten. Die Knickerbocker ist nun einmal gekauft und nicht mehr zu ändern, aber ich glaube doch, dass es gut ist, dass ich sie habe. Auf dem Schiff kann ich sie bestimmt gut gebrauchen und auch auf der Reise mit der Bahn. Ich habe mir ausserdem eine Leinenjacke aus gelbem Leinen gekauft, dazu habe ich mir gestern noch in Helmertz eine kurze Hose aus Leinen bestellt, die ich wohl auch gut gebrauchen kann. Um die Beschaffung der einen Krawatte, von der Du schreibst, werde ich mich wohl noch bemühen müssen! Oder könnte es vielleicht von Schaden sein, wenn ich so eitel wäre und würde mir wirklich zwei Binder mitnehmen? - Mit den Büchern wird es vielleicht nicht so einfach gehen, wie Du Dir das vorstellst. Kannst Du Dich nicht einmal in Jerusalem gelegentlich erkundigen, wie es mit der Verzollung von Büchern, die man im Reisegepäck, wenn auch in etwas grösserer Anzahl mitbringt, bestellt ist? Wenn ich Dir einige Bücher mehr mitbringe, dann möchte ich natürlich keine Schwierigkeiten mit etwaiger Verzollung haben. Ich kann mich da natürlich nicht an einem deutschen Zollamt erkundigen, denn denen ist es doch ganz gleichgültig, ob die Engländer Zoll einnehmen oder nicht. die Polohemden die Steppdecke usw. werde ich Dir wohl mitbringen, aber das sind alles Dinge, deren Beantwortung, wie auch deren Besorgung ich der lieben Mutter überlasse. Ob ich Dir was von Nietzsche oder Schoppenhauer besorgen kann, weiss ich im Moment noch nicht, es wird aber schon ermöglichen lassen. Aus dem Bücherschrank kannst Du meinetwegen alles haben, es ist nur um das Mitbringen, ob es eben geht. An mir soll es nicht liegen.

Du meinst, ich solle für dortiges Alleinsein, resp. Trennung der Wege sorgen, das geschieht ja schon auf dem Schiff, da ich nicht so vornehm bin und zweiter Klasse, sondern nur Touristenklasse fahre. Ich werde wohl schon von Marseille aus allein sein und Fr. W. wohl erst wieder in K.A. sehen. Ich bin deshalb sogar sehr froh, bin ich ungebunden und brauche mich nicht um sie zu kümmern, wenn sie seekrank wird, - und das wird sie, wie ich sie kenne, bestimmt. Dann ist es natürlich ganz egal, ob mich sich über die Reeling in der 1. 2. oder Touristenklasse beugt. Der Unterschied im Fahrpreis zwischen 2. und Touristenklasse ist 94 Mark, die ich mir nicht schneller verdienen kann als durch den Verzicht auf etwas Bequemlichkeit. Na, es wird schon alles werden.

Wir wollen gleich zu Mittag essen, ich habe hier noch so viel zu tun, ich möchte die Familienchronik, die Onkel Willi geschrieben hat, noch durchsehen, von durchlesen kann keine Rede sein, denn es ist eine ganze Kiste voll Schreibereien. Und Nachmittags will ich doch auch noch etwas an die Luft gehen! Besonderes habe ich im Augenblick auch nicht mehr.

Wenn ich unter den Akten vom Onkel Willi etwas finde, was Dich interessiert, so gebe ich Dir Nachricht.

Also mein lieber Bub, recht viele Küsse und Chasak! Dein Vater.

Herzliche Grüße Tante Hilda.

Laß es Dir weiter gut gehen. Ich wollte ich wäre auch drüben. Was nicht ist, kann werden.

Lieber Ernst!

Da wir eben hier in Kronach alle besammen sitzen, senden wir Dir die herzl. Grüße.
Dein Onkel Carl.

Lieber Ernst, soeben haben wir Deine lb. Briefe von Deinem lb. Vater gelesen und sehen, daß es Dir gut geht, was uns von Herzen freut. Du schreibst ja großartig. Gebe Gott, daß es Dir weiter recht gut geht.

Für heute recht herzliche Grüße
Deine Tante Margarete.

Kronach, 17/5.37. Pfingstmontag.

Mein lieber Junge! Gestern Nachmittag schrieben Onkel Carl & Tante Margarete schon den Anfang des Briefes, den ich heute an Dich fertig machen & abschicken will. Die Helmbrechter haben micht früher gebracht & sind gestern Abend wieder heimgefahren. - Wie Du also siehst, bin ich hier in Kronanch. Ich fuhr am Donnerstag [..] bis Münchberg, wo mich Onkel Carl mit seinem Rüsselheimer Rolls Royce abgeholt hat; er hat einen ganz alten 4/16 Opel, aber er tut es noch. Am Freitag waren wir bei Meister, am Samstag in Helmbrachts, & gestern kamen wir hier her, am morgigen Dienstag fahre ich schon wieder nach Hause. Abends 10.15 bin ich bei Mutti. Dienstag gehts dann schon wieder auf Tour. - Die l. Mutter sandte mir nun gestern Deinen Wochenbericht, v. 4.-8/5., der wieder wie ein [..] ankam. Ich habe mich natürlich sehr mit Deinen Zeilen gefreut. Wie ich sehe, hast Du also schon einen regelrechten Reiseplan aufgestellt, sodaß