Richard und Erna Loewy an Sohn Ernst, 25. Juni 1937
Freitag, den 25.6.37.
Mein lb. Ernst! recht herzlichen Dank für Deinen lb. Brief vom 16 & 17 ds. Über Eure inneren Angelegenheiten wollen wir nichts weiter schreiben, unsern Standpunkt wird Vater Dir mündlich mitteilen. Ich war eben mal wieder 3 Stunden unterwegs & sind nun alle Formalitäten erledigt. Anfang der Woche wird wohl die Schiffskarte wie Kreditbrief ausgehändigt & dann kann es losgehen. Da wir nicht wissen, wo der Kreditbrief eingelöst werden kann, tust Du gut daran, etwas Geld einzustecken, damit Ihr nicht gleich auf dem Trockenen sitzt. Oder noch besser, Du erkundigst Dich mal, ob man den gleich in Haifa einlösen kann. Hier ist man nicht recht im Bilde.
Über Küken bin ich enttäuscht, er hat so sehr nette Eltern, ebenfalls Vater Stern. Was ist das denn für ein Charakter. Sterns wie Kaufmanns finde ich patente Menschen, mit denen ich gerne zusammen bin. Lass doch dem Pips die Freude, dass er Euch etwas helfen kann. Er möchte es doch so gerne & wie ich ihn kenne, auch bestimmt tun. Gepäck für sich bringt Vater nur sehr wenig mit, schon aus Mangel an allzu grosser Auswahl. Auch hier gibt es schon viel Obst. Erdbeeren in Mengen, schon Kirschen & Stachelbeeren. Pips kommt dann ja zur rechten Zeit zu Euch. Er fährt hier am 5.7. ab & geht nachmittags am 6.7. in Marseille aufs Schiff, das am 12.7. in Haifa landet. Gestern schrieb Tante Therese, dass sie mich Anfang Juli erwarten, aber augenblicklich habe ich wenig Lust. Die kommt aber bestimmt, wenn Vater weg ist & es hier noch einsamer wird. Heute hat uns auch Frau Nikola verlassen. Sie geht wieder in die Fabrik, wo sie 15 Jahre war & 20,- Mk die Woche verdienen kann. Da kann man sie natürlich nicht halten
& es ihr auch nicht übel nehmen. Hoffentlich ist die Nächste so anständig wie diese, neue Besen kehren zwar meist gut, aber ich scheue sie doch. Etwas Besonderes kann ich Dir heute auch nicht mitteilen, G. s. D. ist alles beim Alten. Nur bin ich noch immer beim Zahnarzt, es will garnicht heilen; aber Schmerzen habe ich keine. Anbei wieder 2 Scheine, auch senden wir dieser Tage wieder 10,- Mk. Am Samstag müssen wir noch einmal nach Gladbach, die Eltern von Max Levy aus Tel-Aviv wollen Vater vor seiner Reise noch einmal sprechen. Wenn einer eine Reise tut! Für heute Schluss, ich weiss nichts mehr. Alles Gute & viel innige Grüsse & Küsse Deiner Mutter.
Mein lieber Junge! Ich habe Dir nicht viel mehr mitzuteilen, in Gedanken bin ich schon bei Dir, wenn es in Wirklichkeit auch noch beinahe drei Wochen sind! Mit Deinem Brief habe ich mich sehr gefreut, wenn ich in Betreff Eurer Gruppe auch nicht ohne weiteres mit Dir einverstanden bin. Aber ein richtiges Urteil kann ich ja von hier nicht fällen, da ich nicht klar sehe. Gestern war ich noch einmal in Gerresheim, aus geschäftlichen Gründen. Frau K. hat mir noch einige Verhaltungsmassregel gegeben für drüben. - - Wie ist es eigentlich mit Schuhen? Ich habe mir ein paar alte Halbschuhe eingepackt für Kirjath Anavim, die ich drüben ganz auftragen kann und nicht wieder mit hierhernehmen brauche, wenn sie kaputt sind. Sonst nehme ich nur noch ein paar gute Halbschuhe mit, die aber eigentlich für eine Fahrt durchs Land zu schade sind, diese möchte ich auch bei Besuchen in der Stadt tragen und sollen also nicht zu viel leiden. Wenn Du es für richtig hältst, dann bringe doch bitte für mich eins Deiner Sportstiefelpaare mit, die einen stammen doch von mir und passen wohl auch heute noch, ich kann diese dann auf der Fahrt tragen und die guten in Haifa lassen, bezw. mit dem Gepäck nach K.A. schicken. Dann wirst Du wohl Deine Aktentasche und wohl auch Deinen Tornister für die Fahrt mitbringen müssen. Ich bringe zwei kleine Handkoffer mit, die ich natürlich nicht mit auf Fahrt nehmen kann, sondern auch in Haifa lassen oder nach K.A. schicken muss. Du meinst nicht mehr als einen kleinen Handkoffer! Aber beim besten Willen geht das nicht, denn ich muss mir doch soviel Wäsche mitnehmen, dass ich die Zeit über auskommen kann, auch Kragen, Strümpfe, Kulturbeutel, einen Anzug, (auf der Reise trage ich die Knickerbockerhose) usw. Es ist immer mehr als man denkt. Dann denke bitte daran, auch den Fotoapparat mitzubringen, Filme bringe ich schon mit. Auch etwas Geld bringe bitte mit, damit ich nicht sofort rennen muss, um den Creditbrief einzulösen, um auch nur den ersten Gepäckträger bezahlen zu können.
Die Schuhe mitzubringen, halte ich für unbedingt erforderlich, damit ich nicht in Jerusalem dann eventuell mit einem einzigen Paar, das auf der Fahrt gelitten hat, herumlaufen muss. Du siehst, ich will also nicht zu viel mitnehmen, sondern rechne, dass Du mir aushilfst.
Sonst habe ich nichts besonderes. Ich fahre diese Woche noch auf Reise und dann kommen die Ferien, auf die ich mich diesmal besonders freue!
Nun Schluss für heute, viel Küsse und Chasak!!! Lehitraoth beerez Israel!!!!
Dein Vater.
Heute morgen in der Synagoge hat man mich extra nochmal aufgerufen!