Erna Loewy an Ehemann Richard und Sohn Ernst, 9. Juli 1937

Antwortschein nur einen, ich kann hier keine kriegen.

München, den 9.7.37.

Meine beiden sehr Lieben! Nun bin ich schon seit Dienstag Abend hier & kann Euch auch nur Gutes von mir melden. Deine lb. Karte, lb. Richard ab Marseille erhielt ich gestern Abend mit grösster Freude. Meinst Du, wir hätten uns auf gut Deutsch nicht besser verstanden, oder wolltest Du mir zeigen, was so'n paar Stunden Anstand nicht alles ausmachen. Ich konnte es aber übersetzen, solltest Du mir aber mal auf Iwrith schreiben, sähe es böser aus. Hoffentlich habt Ihr schon viel Schönes erlebt & seid beide in allerbester Verfassung. Ich habe auch schon einiges gesehen. Zunächst war ich mächtig enttäuscht & das kam so. Ich bin abends um 8 Uhr hier gewesen, von Sali & Therese in Empfang genommen. Dann haben wir bis spät uns unterhalten & als ich am andern Morgen aufwachte, waren Sali & Frau schon ins Geschäft. Mit andern Worten, ich sass mit der alten Frau Böhm alleine da. Weggehen konnte ich ja nicht, da ich keine Wege wusste & ich muss sagen, die Aussicht auf einen solchen Aufenthalt war nicht gerade verlockend. Nach Tisch bin ich nun mit Sali zum bot. Garten. [..]

nach einer ½ Stunde ins Geschäft & überliess mich meinem Schicksal. Nur es ging besser, als ich dachte. Ich bin erst dort bei Kaffee & Kuchen sitzengeblieben & habe mir dann den Weg (½ Stunde) alleine nach Hause gesucht. Das ging besser, als ich dachte. Abends bin ich mit Sali ins Kino. Gestern habe ich nun schon Ausflüge auf eigene Faust machen können & zwar war ich von früh 8 Uhr, bis abends 11 Uhr unterwegs. Morgens in die Stadt & nach Tisch hat mit Dr. Gustel ins Isartal geführt. Man kann sich sehr gut unterhalten mit ihm, aber wie Richard sagt, ein grosser Trottel. Heute früh bin ich nicht weg, nach Tisch fahre ich in den engl. Garten, nehme mir ein Buch mit & werde dort gut Kaffee trinken. Morgen & übermorgen machen wir, glaube ich, Ausflüge mit dem Auto, worauf ich mich sehr freue. Ich bin jetzt garnicht böse, dass ich die Woche über tun & lassen kann, was ich will, da kann ich mir's so einrichten, wie es mir passt. Von zu Hause habe ich noch nichts gehört, hoffentlich können sie mir heute einen Brief von dem kleinen Pips nachsenden. Übrigens hat der gute Kalloh noch mit keinem Ton die Bürgschaft berührt. Ich warte nur auf den passenden Moment. Für heute Schluss, dieser Tage schreibe mehr. [..] Euch recht & nehmt viel Küsse
Eurer Mutter & Erna.