Erna Loewy an Ehemann Richard und Sohn Ernst, 20. Juli 1937
Dienstag, den 20.7.37.
Meine beiden Lieben!
Gestern erhielt ich Euren ersten gemeinsamen Brief & könnt Ihr Euch wohl denken, was ich für eine Freude hatte. Ich danke Euch vielmals & denke, dass Ihr auch weiterhin nicht schreibfaul sein werdet. Porto zahle ich ja selbst, anbei wieder 2 Scheine. Gestern sandte ich Dir, lb. Ernst, wieder 10,- Mk. Ich musste lachen, dass der Kleine Dich zur Sparsamkeit anhält, lb. Richard. Du säufst also zu viel. Wenn ich weiter keine Klagen hören werde, soll es mir recht sein. Wie ist es denn mit den Geldverhältnissen, werdet Ihr auskommen. Eine Neuigkeit. Der alte Wertheim ist gestorben & kommt nun Frau Alma resp. Ilse wieder ans erben. Ausgerechnet muss sie nun in Erez sein. Da wird sie schön auf heissen Kohlen sitzen & der Alfons lacht sich ins Fäustchen, dass er schalten & walten kann wie er will & wird hübsch einiges verschwinden lassen. Die alte Frau Katzenberg hat damals mal gesagt, das sie ja in diesem Falle in Krefeld sein muss, ausgerechnet sitzt sie in Erez. Ich muss lachen. Von Hilda habe ich auch Brief & Karte. Sie freuen sich auf mein Kommen & sehen lange nicht mehr so schwarz. Sie werden Unterstützung bekommen, ziehen in den oberen Stock & vermieten unten. Dann schreibt sie, ich könnte mich freuen, Paula sei am Tegernsee & Ludwig in Waidhaus, sie brauche also nicht hin. Wenn Frau Paula dort ist, musste sie ja in München umsteigen & hätte mich benachrichtigen können. Ausserdem fahren wir dieser Tage wieder nach Rottach über Tegernsee & dann habe ich auch was gespart, ich brauche sie auch nicht aufzusuchen. Meine Zeit hier ist auch bald um. Eure Post müsst Ihr so einrichten, dass mich bis zum 31. ds. alles hier erreicht, vom 1.-5. August in Kronach & dann wieder zu Hause. Von mir ist nicht viel zu berichten. Gestern war ich hier beim Zahnarzt, der dasselbe sagte wie Dr. Sussmann. Kurt war Samstag & Sonntag wieder hier & kommt Ende der Woche zurück, um dann in München zu arbeiten. Wenn der da ist, gibt es Spass. Hans hat seinen Dr. gemacht, ist aber noch in der Schweiz. Samstag waren wir am Tegernsee, eine fabelhafte Angelegenheit. Therese mit leerem Magen, weil sie gefastet hat. Sie übertreibt in allen Dingen. Die gemeinsame Karte von dort werdet Ihr ja bekommen haben. Weisswürste habe ich auch schon gegessen, Samstag zum Frühstück im Franziskaner. Toll, wie es da hergeht; ebenso im Hofbräuhaus & bei Spöckmeier. Wesentlich erholt habe ich mich hier nicht; wohl viel Geld ausgegeben, beides muss ich zu Hause wieder einholen. Hoffentlich bekomme ich nun von Euch bald wieder gute Nachricht. Von wem die einzelnen Sachen sind, weiss ich von hier auch nicht, aber Seidenhemd & Strümpfe sind von Küken, Walter Stern hatte doch nur Süssigkeiten & blauen Leinenanzug & in Pips Strümpfe isst eine 13 eingenäht.
Tausend Grüsse & Küsse & viel Freude wünscht Euch Eure Erna & Mutter.