Kronach, den 6.8.37.

Mein lb. Ernst!

Auf meiner Weltreise bin ich jetzt in Kronach gelandet & fahre nun endgültig am Montag heim. Ich bin froh, wenn wieder alles im alten Geleise ist, so schön es im Grossen & Ganzen war. Nur in Waidhaus hatte ich ein trauriges Erlebnis, was den lb. Vater wieder tief treffen wird. Alles wir Samstag Abend alle sehr vergnügt mit Onkel Ludwig aus dem Walde kamen, ging derselbe auf sein Zimmer & war fünf Minuten drauf tot. Schlafanfall! Den Schrecken kannst Du Dir denken. Am Mittwoch ist er in Weiden beerdigt worden & dann bin ich mit den Lieben hierher gefahren. Es war nur gut, dass ich dort war, denn so konnte ich ihm wenigstens das letzte Geleite geben & wird Vater darüber sehr froh sein. Das war kein schöner Abschluss meiner Reise.

Tausend Dank für Euren lb. Brief vom 30/7. den ich gestern erhielt & womit ich mich sehr gefreut habe. Nun bist Du wieder alleine & der Pips auf hoher See. Auf seine Erzählungen bin ich ja so gespannt, da Ihr mich mit ausführlichen Berichten nicht allzu verwöhnt habt. Ich kann mir aber denken, dass man bei der Hitze auch manchmal die Lust verliert & warte geduldig auf die mündlichen Berichte. Dass Vater bald nicht mit dem

Schiff am 4 ds. hätte abreisen können, wäre eine schöne Geschichte gewesen & ist es gut, dass ich erst hinterher davon erfahren habe. Nicht meinetwegen, aber was hätten da seine Firmen gesagt, wo er ja jetzt eigentlich schon längst wieder auf Reise sein müsste. Gut, dass es geklappt hat.

Von mir kann ich Dir nicht viel berichten. München war fabelhaft & die Menschen alle reizend. Es hat ihnen allen sehr leid getan, als ich wieder wegfuhr. Was ich alles gesehen habe, schreibe ich Dir einmal von zu Hause. Für heute sei hiermit zufrieden, alle guten Wünsche & tausend Küsse
Deiner Mutter.

Lieber Ernst! Auch von mir viele herzl. Grüße. Es ist nur schade, daß der Aufenthalt Deiner l. Mutter so kurz ist. Daß es Dir gut geht, habe ich aus Euren Briefen ersehen. Hoffentl. bleibts weiter so. Laße wieder einmal von Dir hören u. nochmals Gruß
Tante Hilda.

Besten Grüße Dein Onkel
Josef