Erna Loewy an Sohn Ernst, 11. Januar 1938

Krefeld, den 11.1.38.

Mein lb. Ernst

eben erhielt ich Euren ersten gemeinsamen Brief, den ich Dir umgehend beantworten will, um ihn dann noch Vater nachzusenden, damit der auch noch anschreiben kann. Ich freue mich sehr, dass Du Dich nun endlich mit Rich. aussprechen konntest. Er hatte uns schon einmal etwas über Dich geschrieben, bemerkte aber sofort dabei, er wüsste nicht, ob er Dir in irgend einer weise helfen könnte. Und das ist der Grund, weshalb ich Dir umgehend antworte. Ich möchte Dich bitten, Dich keinen falschen Illusionen hinzugeben, denn Richard hat das gute Vorhaben, Dir zu helfen, weiss aber selbst nicht, ob es möglich ist. Du schreibst, endlich habest Du jemanden gefunden, der Deine Ansichten teilt, mit andern Worten, Du glaubst Dich von uns unverstanden. Liebes Kind, da bist Du auf dem Holzwege, keiner weiss besser als wir, was Du willst, aber wie sind Deine Pläne zu verwirklichen, ohne Geld. Erstens haben wir keins, und wenn wir welches hätten, würde es Dir auch nichts nutzen, da Du es nicht drüben hast. Wir gehen nur von dem Standpunkt aus, dass die Kwuzah Dir ein sorgloses Leben bietet, Du immer Brot und Arbeit hast, auf der andern Seite immer die Frage offen bleibt, woher nehmen. Wir möchten Dichh doch sicher glücklich und zufrieden wissen, und wünschten, dass alle Deine Pläne in Erfüllung gingen. Wenn Richard Dir dazu verhelfen könnte, hätte Vater auch nichts dagegen, von dem Du Dich so unverstanden glaubst. Aber seine Motive für Dich sind nur die aller-allerbesten, er möchte Dich nicht eines Tages ohne Brot und Geld auf der Strasse stehen sehen. Wenn Richard Dir etwas Positives verschaffen könnte, ist uns alles recht, aber nur um Himmelswillen kein schmutziges Wassser ausgiessen, bevor man reines hat. Du verstehst unsere Sorgen nicht so ganz, nur von Deinem Gesichtspunkt aus, aber lass Dir gesagt sein, alles was wir Dir raten, geschieht nur gut überlegt, und aus Liebe zu unserem Kind. Wir haben ja nur Dich, Du bist unsere einzige Freude & Hoffnung. Also sei in keiner Weise leichtsinnig, noch nicht mal in Gedanken, wenn Richard Dir auch jetzt etwas Hoffnung gemacht hat. Auf jeden Fall wünschen wir mit Dir die Erfüllung Deinern Pläne, und viel Glück. Vielleicht kann Dir

Richard wirklich durch seine Beziehungen irgend eine Freistelle verschaffen, für sich hat er ja immer Glück gehabt, vielleicht hat er es auch mal für seinen Neffen. Halte uns gleich auf dem Laufenden, solltest Du etwas hören. Wir sind ein bisschen nervös, bis wir etwas Genaueres erfahren. Aber Du kennst unsere Argumente, ja auch verstehen, wir möchten nur das Beste für Dich. Alles Gute vor allem Gelingen Deiner Wünsche. Tausend Küsse Deiner
Mutter

Ich hoffe auf alle Fälle, daß Du, bevor Du Dich entscheidest, mit Richard zu Beith gehst!!