Richard und Erna Loewy an Sohn Ernst, 13. März 1938

Krefeld, den 13.3.38.

Mein lieber Junge! Deinen l. Brief v. 6. cr. aus dem Cafe Rehavia in Jerusalem haben wir erhalten, viel Dank. Es freut uns, dass nun anscheinend alles bei Dir soweit geklappt hat. Was allerdings nicht klappt, ist der Transfer, denn so einfach, wie Hans Beith sich das vorstellt, geht das nicht. Ich war gestern beim Landesfinanzamt in Düsseldorf um die Sache in die Wege zu leiten und sagte mir der Beamte, der die Sache in grösster Loyalität behandelte, mir Folgendes: Unterstützungszahlungen wie sie nach Italien z. B. gestattet sind, gäbe es nach Erez nicht, für Fälle, wie bei Dir, gäbe es überhaupt keine Bestimmungen, doch kann man es auf folgende Art ermöglichen. Du musst Dir vom deutschen Konsulat in Jerusalem (in Tel-Aviv gibt es ja wohl keins) eine Dringlichkeitsbescheinigung besorgen, dass Du zu Deinem Lebensunterhalt bei Deiner Ausbildung im Lande, die den dauernden Aufenthalt im Lande vorbereitet, eine zusätzliche Unterstützung von Deinem Vater nötig hast, in Höhe von 3 LP. Der Konsul wird wohl derartige Dringlichkeitsbescheinigungen öfters auszustellen haben und wohl wissen, was alles darin stehen muss. Diese Bescheinigung, sagte mir der Beamte, bekommst Du vom Konsulat ohne jede Schwierigkeit. Du musst natürlich selbst hin und musst Dir eine Bescheinigung Deines Lehrherrn, vielleicht auch den Lehrvertrag, am besten auch eine amtliche Bescheinigung der Ssochnuth oder Hans Beith mitnehmen, damit der Konsul Unterlagen hat, aus denen alles zu ersehen ist. Zweitens brauche in unbedingt eine Einverständniserklärung der Haavarah, dass sie bereit ist, das Transfer zu übernehmen. (Es ist nicht damit getan, dass Du mir eine Karte schickst, dass es genehmigt, sondern Du musst mir diese Einverständniserklärung - die Du Dir ja in zwei Exemplaren ausstellen lassen kannst, im Original hierhersenden. Sobald ich diese zwei Bescheinigungen habe, fahre ich wieder nach Düsseldorf zum Landesfinanzamt, der Beamte sagte, dann könnte er die Bearbeitung in die Wege leiten und es wird wohl glücken. Also wohlgemerkt: Die Bescheinigung der Haavarah muss den Vermerk enthalten, dass sie bereit ist, die Beträge auf Sonderkonto I entgegenzunehmen.

Der Beamtte sagte mir ausserdem, dass ich mich mal an die Paltreu nach Berlin wenden soll um von dort einen etwaigen Weg zu erfahren, wie gesagt, genaue Bestimmungen gibt es überhaupt nicht dafür.

Ich werde nun auch an die Paltreu schreiben, aber Du besorge unter allen Umständen diese beiden Bescheinigungen, denn ohne sie kann ich beim Landesfinanzamt - das ist nämlich die Devisenstelle - nichts unternehmen.

Für Monat März ist es wohl schon ein bisschen spät, ob es da noch gelingt, weiss ich nicht, sonst musst Du eben sehen, wie Du Dich mit den gesandten 10 Mk behelfen kannst. Ich warte nun auf Deine Erledigung, sieh zu, dass alles klappt. Du musst nur jetzt eben nochmal einen Tag freinehmen und nochmals nach Jerusalem.

Gestern waren wir bei dieser Gelegenheit auch in Gerresheim bei Frau Kfm. und in Lohhausen bei Lilienfeldts. Frau L. fährt heute Abend ab Düsseldorf und am Dienstag ab Triest. Sie wird Dich wohl in Tel Aviv aufsuchen. Wir haben ihr für Dich einen Gürtel zum neuen Anzug und eine Tafel Choco bitter mitgegeben, damit Du noch wenigstens eine kleine Gabe Deiner Eltern hast. Viel ists ja nicht, was man ihr mitgeben kann, zumal sie nur mit einem Handkoffer fährt und keinen Platz hat. (Ausserdem fährt sie auch ohne Creditbrief, also nur mit 10 Mark, da sie keine Geld hat und wo eben nichts ist, konnte sie auch keinen Creditbrief ausstellen lassen. Sie meint sie käme auch ohne Geld dort zurecht und glaubt, sie könnte viele Wochen in KA bleiben, nach Jerusalem und Tel-Aviv fahren und sich wer weiss was ansehen.

Ich glaube sie wird Augen machen, dass alles anders und schwerer ist, als sie sich denkt. Sie glaubt auch auf alle Fälle Mittel und Wege zu finden, dass sie Werner anfordern kann, und er „sei doch schon 1 Jahr” in der Kwuzah!!!

Welch ein Optimismus!! Wenn alles so leicht wäre, was könnte man da alles erreichen.

Herrn Kaufmann wirst Du vielleicht unterdessen auch schon gesprochen haben.

Ich war dann gestern bei Dr. Neuberger, aber darüber im Brief an Richard.

Von uns sonst nichts Besonderes. Wir sind gesund und ich arbeite wie sonst. Etwas Neues, das gut ist, ist kaum zu finden. Ich hoffe ja noch so ein ganz kleines bisschen, dass wir nochmal zu einer Einigung kommen. Also, mein Lieber, ich habe noch eine Menge zu schreiben, es ist gleich 4 Uhr Sonntagnachmittag. Ich schliesse heute mit dem Wenigen und vielen Küssen und guten Wünschen und Chasak!
Dein Vater.