Richard und Erna Loewy an Sohn Ernst, 25. März 1938
Krefeld, den 25.3.38.
Mein lb. Ernst!
Deinen lb. Brief vom 18. ds. der schon Mittwoch in Krefeld war, wurde mir nach Gerresheim nachgesandt, und danke ich Dir herzlichst dafür. Aber nun schreibst Du wieder mit gewöhnlicher Luftpost, das Geld kannst Du besser für Dich selbst gebrauchen. Wir schreiben jetzt auch wieder wie immer, es sei denn, dass es eilt. Auf Deine Geldangelegenheiten warten wir nun, bis wir die Aufforderung bekommen, Vater muss eben dann noch einmal zur Devisenstelle fahren. Von Berlin bekamen wir Bescheid, dass Studiengelder von der Devisenstelle genehmigt werden, wir sollen abwarten. Auf Deine Bilder freuen wir uns natürlich sehr, und werden Deine diesbezüglichen Wünsche gerne erfüllen. Die Salbe haben wir auch eben abgeschickt. Ich habe die Tube neulich von Dr. Heilbron geschenkt bekommen, sie soll sehr gut sein. Was auch sehr zu empfehlen ist bei solchen Sachen sind kalte Waschungen.
Die Sachen, die Du nicht mehr gebrauchen kannst, verkaufe nur nicht zu früh schliesslich klappt die Sache mal nicht, was ich zwar nicht hoffen will, & Du gehst mal wieder in eine Kwuzah, dann bist Du alles los. Hat sich Dein Chef entschieden, Dich bestimmt zu behalten, dann hast Du immer noch Zeit dazu. Sie dann noch aufzuheben wäre sinnlos, Du wächst ja noch und in ein paar Jahren wäre Dir alles zu klein. Ich freue mich auch, dass Dich Max Levy gleich eingeladen hat, grüsse ihn mal von uns und wir liessen nachträglich zu seiner Vermählung gratulieren. Weniger schön sind die Nachrichten von K.A. Wie kann nur so etwas passieren? Ich habe Frau Kaufmann garnichts davon erzählt, sie regt sich so immer über alles sehr auf und wäre nun in steter Angst um Küken. Die armen Jungens, ich finde es fürchterlich. Wenn Du wieder was hörst, schreibe es uns, ich wünschte, dass es nicht so schlimm ist, wie es im Moment aussah. Das Buch von Lotte haben wir noch einmal, Vater hatte dieses zufällig in einer Buchhandlung entdeckt. Du wirst dann Lotte wahrscheinlich ja auch wiedersehen. Geht sie für immer nach U.S.A. oder nur wieder zu Studienzwecken? Wie weit sind Richards Angelegenheiten gediehen? Dass Du den Anzug nicht genommen hast, war richtig. Wenn er zu teuer und zu warm ist, wäre es ja Unsinn. K. möchte ihn gerne los sein, sollen sie sehen, wo! In Deiner neuen Kluft möchte ich Dich gerne einmal sehen. Hat Herr K. Dir alles ausgehändigt? Ausser den Büchern und den Schuhen war es Schoko, eine Wurst, Seife und Salmiakpastillen. Frau Lilienfeld wird nun auch drüben sein. Die paar Tage in Düsseldorf waren wieder sehr nett für mich. Bei dem schönen Wetter waren wir viel draussen, nächste Woche muss ich dafür mehr arbeiten. Da die Dame am 1. einzieht, muss ich umräumen, mies! Ernst Lamm schreibt immer sehr zufrieden, sonst hören wir nicht allzuviel von allen. Eli hat in diesem Monat 3 Mal was bekommen, einmal von seinem Vater, einmal von seiner Mutter und von seiner Grossmutter. Er wird sich freuen, da er es gebrauchen kann, meinst Du nicht auch? Sonst bin ich für heute dumm, wir sind alle so müde, es ist natürlich warm, und muss man sich erst an das Wetter gewöhnen. Vater macht es hoffentlich besser als ich.
Grüss mir Richard, für Dich tausend Küsse Deiner
Mutter.
Mein lieber Junge! Deine Mutter hat gut reden, wenn sie schreibt, ich würde es besser machen als sie, nachdem sie selber schon alles, was zu schreiben war geschrieben hat! Was soll ich nun noch berichten? Ich weiss doch gar nichts Besondres, ich war die ganze Woche wieder auf Entdeckungsreisen, da ich meine Touren alle durch hatte, es ging noch ganz gut und bin ich zufrieden, man ist eigentlich dumm, dass ich Mstr nach der Geschichte noch immer neue Kunden heranhole, aber es bleibt mir nichts andres über - wie dumm, ich habe nicht hingesehen und da hat sich die Rolle nicht gedreht, das kommt bei dieser ollen Maschine schon mal vor! - also nochmal: bin ich zufrieden, es ist eigentlich dumm, das ich Mstr noch immer neue Kunden heranhole, aber ich muss ja schliesslich weiterarbeiten, solang wie möglich. Ich bin nun wieder mit einer Berliner Firma in Unterhandlung vielleicht gibt das etwas. Wir wollen es hoffen!
Wir haben hier ein so komisches Wetter, es ist schwül, dass man todmüde ist,
ich möchte auf der Stelle einschlafen, vielleicht gibt es Regen. Ich stecke voller Rheumatismus, dass mir alle Glieder wehe tun.
Die Sache mit Dan und Caruso tut mir sehr leid. Wie konnte das passieren? Ist eine Sprengung zu früh losgegangen? Es ist ja auch meiner Ansicht nicht ganz richtig, dass man diese jungen unerfahrenen Burschen schon Sprengungen vornehmen lässt, da sind doch genug alte erfahrene Leute da, die das wohl besser gemacht hätten! Da wird wieder eine schöne Aufregung in KA sein! Schreibe uns doch bitte Näheres, sobald Du was weisst! - Hast Du Frau Lilienfeldt schon gesprochen? Über diese Frau kann man sich kranklachen! Sie fährt tatsächlich mit 10 Mark ohne Kreditbrief los und meint, sie würde mit ihren 10 Mark die Welt aus den Angeln heben können, dabei möchte sie sich monatelang in KA aufhalten und sie will sich auch das Land ansehen! Die Egged nimmt sie wohl gratis mit, bildet sie sich ein! Die wird Augen machen!
Ich habe ihr auch gesagt, sie könnte unmöglich sich ein paar Wochen nach KA hinsetzen, aber sie sagte, das könnte sie wohl, ihre Kinder arbeiten doch dafür! Einen solchen Optimismus hast Du noch nicht gesehen! Sie ist auch felsenfest davon überzeugt, dass sie von Werner angefordert werden könnte, denn er sei doch schon ein Jahr in KA. Wenn jemand nachweisen könnte, dass er drei LP verdiene, dann könnte er die Eltern anfordern, meint sie!!!!
Herr Kfm hat bisher nur zwei Briefe geschrieben, die wir gelesen haben, Frau Kfm ist sehr traurig deshalb, da er so gar nichts Ausführliches über Kurt schreibt und auch nichts über seine eigenen Möglichkeiten. Jedenfalls ist er gestern schon wieder abgefahren und ist heute schon in Alexandrien. Wir werden ihn ja wohl bald zu sehen bekommen.
Du schreibst, dass Du Sprachstunden nähmst? Ich nehme wohl an, dass Du englischen Unterricht nimmst? Oder lernst Du auch noch Iwrith weiter? Tu nur, was Du kannst und lerne Sprachen! Ich habe es leider in meinen jungen Jahren versäumt und nach meiner Schulzeit weitergelernt, sodass all meine Sprachkenntnisse ziemlich mangelhaft sind, über das allernötigste reichen sie nicht hinaus. Ich habe das gesehen, wie schwer es für mich war, mich auf der Reise englisch und französisch zu verständigen. Also lerne fleissig!!
Nun genug für heute! Ich erwarte bald günstige Nachrichten wegen Deiner Stelle und hoffe, dass Du bleiben kannst. Grüsse auch Richard und Max Levy, Neumanns, etc. Du selber lass Dich küssen und Chasak von Deinem
Vater.
Anbei
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