Richard und Erna Loewy an Sohn Ernst, 23. April 1938
Samstag, den 23.4.38.
Mein lb. Ernst!
Dieser Tage habe ich Dir Deinen Brief vom 9. ds. kurz bestätigt, gestern kamen Deine lb. Zeilen vom 16. ds. Ich danke Dir sehr und will jetzt beides beantworten. Dass Du Dich gefreut hast, dass Vater so schnell etwas gefunden hat, kann ich mir lebhaft denken, und kann ich Dir sagen, dass auch uns eine Portion leichter ist. Er hat sogar schon sehr nett für die neuen Leute verkauft, es wird schon werden. Ich bin auch nun beruhigt, wegen Deiner Geldangelegenheiten. Wenn Du sagst, Du kommst mit dem Transfer aus, muss ich das glauben, und werde mir keine Sorgen mehr machen. Bedauerlich ist nur, dass wir noch immer nichts einzahlen konnten, hoffen aber, dass auch diese Unterlagen jetzt kommen.
Dass Du mit allen Dingen zufrieden bist, und es bei den neuen Leuten so nett hast, freut uns ganz besonders. Richard schrieb auch dieser Tage, und hat uns all das noch einmal bestätigt. Danke ihm einstweilen für seine Geburtstagswünsche, dieser Tage schreibe ich ihm noch selbst. Wie ich Dir schon schrieb, ist er dieses Jahr über Erwarten gut gewesen, Pips hatte sehr dafür gesorgt. Nun ist am Montag schon der Deine, und will ich hoffen, dass er nicht ganz spurlos vorüber gehen wird. Vielleicht hast Du die Taschentücher schon erhalten, die gewünschte Kravatte geht heute ab, grün mit grau gestreift, ganz nach Wunsch. Wir haben aber doch lachen müssen. Als Du weggingst, hast Du Dich bald auf den Kopf gestellt, wenn wir von Kravatten sprachen, und ich habe Dir heimlich welche in die Kiste gepackt, heute denkst Du wieder anders, so drehen sich die Zeiten. Die Du anhattest, hast Du sogar noch in München hängen lassen. Was ich Dich übrigens noch fragen wollte, hast Du keinen Brief von der Hubertusstr. bekommen, sie fragen immer, ob der nicht angekommen sei. Tante Matide gab mir Mk. 3.- ich soll Dir was für Deinen Geburtstag kaufen, ebenfalls sandten die Münchener etwas. Von beiden wirklich nett, und kannst Du ihnen bei Gelegenheit einmal eine Karte schicken, nach München schreibe aber nicht von Geld, ich habe so den Eindruck, als habe Sali das ohne Wissen von Therese gemacht, bedanke Dich für die Geburtstagswünsche, dann hast Du nichts falsch gemacht. Die haben ja immer so einen Klüngel, aus dem man nicht schlau wird. Wenn Du nun Wünsche hast, melde Dich bitte, ich hebe Dir das Geld zu diesem Zweck auf. - Wie sich das anhört, Schinkenstullen und Münchener in Erez, bes. ersteres. Hat's gut geschmeckt, und rauchst Du jetzt eigentlich auch? Ab und zu macht das ja nichts, nur gewöhne es Dir nicht zu sehr an, weil man daran eine ganze Menge Geld ausgibt. Aber junge Leute werden es wohl alle tun, und ich muss mich langsam daran gewöhnen, dass ich einen erwachsenen Sohn und kein Bübchen mehr habe. So vergeht die Zeit. Wenn ich Dich s. G. w. mal wiedersehe, wird mir wohl alles anders vorkommen, ich sehe Dich jetzt immer noch als Kind, aber daraus werden ja bekanntlich Leute. Und nun nochmals alles Gute in Deinem neuen Lebensjahr, schon der 3. Geburtstag in Erez. Lass Dich in die Arme nehmen und herzlichst küssen von Deiner Dichl.
Mutter.
Mein lieber Junge! Bei mir muss es eben mal wieder schnell gehen, wie gewöhnlich, ich habe einen Berg Arbeit, der aber nicht viel einbringt, ich sitze schon stundenlang dabei die neue Kollektion zu sortieren etc. und nun muss ich fort, die l. Mutti aus der engl. Stunde abholen, d. h. wir bleiben dann immer ein Stündchen bei Onkel Em. und Tante Klara, ich habe den Wagen vor der Türe, es ist bald 8 Uhr. Aber der Brief muss mitgehen, damit er rechtzeitig in München abgeht. Besonderes habe ich ja auch nicht mitzuteilen. Gesund sind wir, geschäftlich war ja die Feiertage nichts los und die ersten Tage die ich für P. raus war, waren gut. Hoffentlich bleibt es dabei. Der Herr hat mir sogar schon seine Freude über die ersten Ordres ausgesprochen, es sieht fast wie ein kleines Lob aus. Na, wenn er zufrieden ist - - ich will nur hoffen, dass bei der Abrechnung auch ich es sein kann. Also, den guten Mut wollen wir nicht verlieren, es wird alles weitergehen. - - Heute war der letzte Tag Jomtof, ich war in der Syna und bin aufgerufen worden, Du hast - obwohl Du anscheinend noch immer keinen Wert darauf legst, doch Dein Mischeberach erhalten. Du weisst doch, des Vaters Segen baut den Kindern Häuser! - - Dass es Dir, mein lieber Gut geht, das
ist mir ja das Allerwichtigste und darauf gründen wir alle unsre Hoffnungen. Wenn wir es solang abwarten könnten, das wäre uns das Allerliebste.
Heute früh in der Syna sass Deine Lore neben mir, sie hat mir erzählt, dass sie gestern auch Brief von Dir hatte, aber nur eine halbe Seite, das sei doch schade ums Porto, da hat sie ja nun recht, lieber mal weniger, aber das Porto ausnutzen. Für das Bisschen hätte auch eine Karte genügt. Sie ist recht nett geworden, aber noch immer sehr klein. Ich glaube übrigens, sie hat Sehnsucht nach Dir, sie erzählt mir immer sie möchte Dich doch mal wiedersehen, aber wenn Du in einem Jahre nicht kommst, dann wäre sie ja nicht mehr hier, denn sie will doch nach Amerika. Ich sagte ihr heute, dann könnte sie ja Deine andre Freundin Edith besuchen, da wollte sie wissen, ob Du mit ihr korrespondiertest, sie ist richtig eifersüchtig!! Aber Lore ist jetzt ganz vernünftig geworden, nicht mehr so sehr verspielt wie sonst.
Anbei sende ich Dir eine kleine Zeichnung von Deinem Onkel Richard, die er anlässlich unsrer Verlobung anfertigte. Zeige sie ihm, aber bewahre sie bitte auf, das „Jugendwerk” des grossen Künstlers ist doch zu schön. Er selber lag unter dem Tisch und wollte sich Totlachen! Ich glaube es war zur Hochzeit gemacht worden, da wir anscheinend fortgingen. Das Bild ist zum Schreien. Richard wird wohl auch seine Freude dran haben.
Ich muss nun schliessen, mein Lieber, vielleicht schreibe ich Dir in den nächsten Tagen wieder, wenn ich mal wieder etwas zu berichten habe und wenn ich mehr Ruhe als jetzt habe.
Dass Werner bei Dir war, ist nett, er ist ja auch ein lieber Kerl, was macht Dan? Wo ist eigentlich Benni? Ist er mit nach Bamaleh?
Also, Schluss für heute und viele Küsse und Chasak! (Wenn Du auch nicht mehr im Bund bist, so schadet es doch nichts!) Grüsse auch Deinen Onkel herzlichst und alle Bekannten, soweit vorhanden. Dein
Vater.
Anbei 2 Scheine! Bekommst Du diese auch wieder?