Richard Loewy an Sohn Ernst, 11. Mai 1938
Hotel Horstmüller, Gronau i. W.
Gronau i. Westf., den 11.5.38.
Mittwoch.
Mein lieber Junge!
Die l. Mutter sandte mir Deinen lieben Brief vom 5/5. nach, den ich heute erhalten habe, damit ich nicht bis zum Freitag zu warten brauche. Ich will Dir deshalb auch gleich von hier aus antworten. - Daß Du wohl bist, das ist ja die Hauptsache; ich freue mich auch, daß Du Dich in Deinem neuen Beruf wohl fühlst, - obwohl ich es ja lieber gesehen hätte, wenn Du Dich in der Kwuzah wohlgefühlt hättest. Es war aber mal nun nicht so - und ich erkenne ja an, daß es sich ja nicht um meine Wünsche, sondern um die Deinen handelt. Sicher lebst Du - worauf es Dir ja auch besonders ankam, - in einem geistig ganz anders eingestellten Milieu wie in Kirjath Anavim, auch gesellschaftlich bist Du natürlich besser dran als in der Kwuzah. Daß Du es da auch mit Frau Hake besonders schön getroffen hast, ist natürlich sehr wertvoll für Dich, da ja jetzt für Dein Fortkommen ganz andre Momente in Frage kommen als in K.A. - An Deinem Beruf hatte ich ja einst selber sehr viel Freude & hat es mir 1919 leid genug getan, daß ich nicht dabei bleiben konnte. Vielleicht ist Deine heutige Einstellung ein Stück Erbe von damals. - Nun weiter alles Gute dabei! Hoffentlich sind auch Deine Leute zufrieden mit Dir, daß Du vorwärts kommst. - Von der Devisenstelle habe ich noch keinen Bescheid, hoffe aber, daß die Genehmigung bald kommt. Daß Du schon etwas erhalten hast, freut mich; ich hoffe, daß man Dich auch weiterhin nicht im Stich läßt. -
Wen hast Du in Kfar Saba besucht? Dr. Salomon? Seine Mutter sprach ich am Sonntag noch. - Heute war ich bei den Eltern von Frau Dr. Berl in Kirjath Bialik. Sie will im Juli hierhin kommen.
Meine „Reise-Erinnerungen” hatte ich Dir noch nicht gesandt, werde es aber nach m. Heimkehr besorgen. Ich habe sie verschiedene Male durchgeschlagen.
Frau Lilienfeldt wird nun wohl schon bald in Düsseldorf sein; sie wird sich dann hofftl. bei uns sehen lassen. Wie hat sie Dir gefallen? Sie hat wohl in K.A. alles auf den Kopf gestellt! Daß Werner & Frau von da fort sind, wundert mich. Eine Anforderung von K.A. aus, war ja Frau L. ganze Hoffnung; sie meinte, wenn sie hinkomme, sie würde es den Kirjathis & Jizchak etc. schon beibringen, daß sie sofort angefordert würde. Die Frau hat überhaupt eine merkwürdige Auffassung! Aber sonst eine ganz patente Frau. Also, Micha kommt auch nach Tel-Aviv! Wer zahlt seine Lehrstelle? - Hast Du eigentlich nie mehr was von Herbert Ballhorn gesehen?
Von mir nichts Besondres. Es geht alles wie immer; nur ein sehr schlechtes Geschäft. Es ist seit Wochen wie abgeschnitten. Aber mit dem bessren Wetter wird hofftl. auch das wieder besser.
Es geht auf 11 Uhr. - Ich bin müde & will noch was lesen & dann schlafengehen.
Sei mit diesem Wenigen, das mir genug Mühe zu schreiben gekostet hat, zufrieden, mein Lieber, mein guter Bub! - Weiter alles, alles Gute! Und recht viel Küsse & [..] Dein Vater.
Gruß an Richard & alle Bekannten.