Richard und Erna Loewy an Sohn Ernst, 19. Juni 1938
Krefeld, den 19. Juni 38. Sonntagvorm.
Mein lieber Junge! Vielen Dank für Deinen lieben Brief v. 11. ds. Mts. Wir freuen uns, dass Du gesund bist und guter Dinge. Es ist nett, dass Du mal wieder in K.A. gewesen bist. Jetzt, wo Du nicht mehr in der Kwuzah bist, ist es für Dich eine ganz angenehme Abwechslung, mal schnell zu den alten Freunden hinrutschen zu können. Wie nehmen Dich denn eigentlich die alten Chawerim auf? Wie einen alten Chawer oder wie einen Fremden? Sind sie noch gut auf Dich zu sprechen oder sind sie Dir böse, weil Du nicht bei ihnen geblieben bist? d. h. die Bamaleh sind ja auch nicht bei ihnen geblieben. Es ist immer für Dich so eine kleine Heimat, wenn Du mal zu den alten Freunden kommst, was? Es hat mich interessiert, mal von allen wieder was zu hören. Was hat eigentlich Werner vor? Dass Küken in Nahalal ist, wussten wir ja schon. Auch dass Chawah noch da ist. Denn ihre Mutter war ja auch bei Kfms in Düsseldorf, wo ich sie kennen gelernt habe. Sie kam aber mit Frau Kfm gar nicht aus, sodass sie nach 14 Tagen nicht mehr wiederkam. Es waren da zwei Charaktere zusammengekommen, die sich gar nicht verstanden. Es sind nicht alle Leute so vernünftig wie Deine Mutter, die die Menschen nimmt, wie sind und nicht wie sie sein sollen.
Dass nun Dein Geldtransfer in Ordnung ist, ist schön. Die nächste Rate folgt diese Woche, nachdem die entsprechenden Stellen alles genehmigt hatten, geht es ja nun auch schneller. Auf alle Fälle musst Du jetzt schon den neuen Antrag stellen, denn die erste Genehmigung läuft ja nur bis August und im Monat vorher soll der neue Antrag gestellt werden. Du weisst ja nun, dass die Paltreu sich für alles Zeit lässt und dann heisst es, ich hätte es nicht recht gemacht. Die Devisenstelle hat auch so schnell alles erledigt, wie möglich - innerhalb einer Woche -, sodass es eben nur an der Paltreu lag. Hoffentlich wird nur die Höhe des Transfers nicht steigen, denn für den Transfer für Kfms wurde ihnen diese Woche gesagt, sei jetzt schon ein Kurs von 26 nötig. Aber bei den 3 LP wird es hoffentlich weiterhin zum alten Kurs gehen.
Unsere Autonummer ist am besten!
Anbei erhältst Du ein kleines Bild, das wir am Pfingstsonntag gemacht haben, an der Reichsautobahn, mit Kfms. Hinter uns steht ein Arbeitskamerad von Günther, der mit Günther in dem rechten kleinen Opel - das neue Modell, das Du noch nicht gesehen hast - am gleichen Tag nach Bochum fuhr. Sie begleiteten uns ein Stück auf der Reichsautobahn.
Heute früh habe ich schon einer Trauung beigewohnt, Onkel Felix hat sich wiederverheiratet. Ja, Alter schützt vor Torheit nicht!
Ob Neumann was hören lässt, darauf bin ich neugierig! Es würde mich ja freuen. Er wird wohl bald wieder bei Euch erscheinen!
Ich war soeben nochmals bei Hübschmanns, die heute in 8 Tagen abfahren. Mutter war mit und haben wir ihnen noch ein Hemd gebracht, sodass Du zwei Hemden und 4 Taschentücher, sowie drei Bücher bekommst. Es dauert aber noch bis etwa Mitte oder Ende September, denn sie bleiben noch einige Zeit in Paris bei ihren Geschwistern.
Uns geht es sonst soweit gut, geschäftlich ist nur gar nichts los. Das Wetter hat uns alles verdorben, es war all die Tage eine entsetzliche Kälte wie im Herbst, da kauft doch kein Mensch Sommerstoffe! Heute scheint endlich mal wieder etwas die Sonne, hoffentlich wird es noch ein paar Tage warm, bisher hatten wir noch keinen Sommer.
Nun mein Liber, für heute Schluss. Alles Gute und Schöne und recht viel Küsse und Chasak
Dein Vater.
Mein Lieber, auch heute bin ich wieder nur zu Besuch zu Hause, morgen fahre ich noch einmal nach Gerresheim, dann wird Schluss sein. Ich habe mich mal wegen eines pal. Kochkursuses interessiert, es gibt einen solchen, aber nicht näher als Dortmund. In Düsseldorf war es mal, aber soweit fahren ist umständlich.
Für die Kürze entschädige ich Dich ein andermal. Grüsse Richard!
Vielleicht kann man es sich auch selbst beibringen. Ich habe mich sehr mit Deinem lb. Brief gefreut, hoffentlich bleibt alles weiter gut. Viel Küsse Deiner Mutter.