Richard und Erna Loewy, Großeltern Levy und andere an Ernst Loewy, 18. Juli 1936
18/7.36.
Lieber Ernst!
Es hat mich sehr gefreut, daß Du auch in der Ferne, meinen Geburtstag nicht vergessen hast & danke Dir recht herzlichst für alle Deine guten Wünsche, hoffentlich werden sie sich, wenn auch nicht restlos, doch zum Teil erfüllen. Mein schönstes Geburtstagsgeschenk, waren Deine zwei wohlgelungenen Bildchen. Du siehst hierauf glänzend aus & scheint Dir das Klima & die ständige Beschäftigung in frischer, freier Luft, wirklich gut zu bekommen. Wir haben den gestrigen Tag, wie immer gefeiert, es war alles da, es hat niemand gefehlt!
Leider lese ich in der C.V. Zeitung, daß die Unruhen dort noch immer bestehen, und freut es uns immer von Dir zu hören, daß Ihr nicht davon betroffen werdet.
Also l. Ernst, laß es Dir weiter gut gehen und sei herzlichst gegrüßt & geküßt
von Deinem Großvater.
Lieber Ernst.
Auch ich habe mich mit den wohlgelungenen Bildchen sehr gefreut. Du siehst darauf sehr gut und was mit die Hauptsache ist, wohlgepflegt gut frisiert und nett angezogen warst. Du weißt doch l. Ernst, daß die alte Oma auf solche Äußerlichkeiten immer viel Wert gelegt hat. Also bleibe weiter gesund und zufrieden, sei herzlichst
gegrüßt u. geküßt von Deiner
Großmutter.
Ich möchte nochmals wiederholen: Schicke Deine Briefe wieder alleine, es ist uns lieber & lass Ilse ihre auch alleine besorgen. Wir wollen nicht immer von Frau Wertheim abhängig sein.
L. Ernst, herzl. Gruß auch für Ilse.
Herzl. Gruß und alles Gute Deine Hanna Fernich.
Siegr. Fernich.
Krefeld, 18./7.36.
Mein lieber Junge!
Morgen früh, am Sonntag, erwarten wir wieder Deinen Brief. Ich will aber schon einmal anfangen, Dir zu schreiben.
Deinen Brief für Lore konnte ich erst heute früh nach dem Gottesdienst abgeben. Auch eins von den Bildchen wollen wir ihr geben & zwar das mit Walter. Lore kommt wohl morgen früh zu uns. - Erst muß ich dies Bildchen aber noch Frl. Philipps von Geb. Kfm. leihen, die es vorige Woche in der Z.O.G. bei mir gesehen hat; sie möchte das Bild mit ihrem einstigen Kollegen Walter im Geschäft rumzeigen. Am Montag Abend in der Z.O.G. treffe ich sie; Lore bekommt es eben dann 8 Tage später. - Letzten Montag waren wir nach der ZOG noch bei Dr. Wedel (verh. Frl. W.), die nun auch da ist & unterhielten uns noch ein Stündchen bei einer Tasse Kaffee - fast die ganze Corona. - Am nächsten Montag ist in der Z.O.G. eine Herzl- & Bialik-Feier; Mutter wird wohl auch hingehen. Es soll eine größere Feier sein, auch der JPD soll kommen & ein bißchen singen. Bin neugierig, was Berthold da macht. - Am letzten Montag sprachen wir über den nationalen Aufbau von Erez, etc., ob auch Leute, die bei einer Wanderung aus Deutschland in andre Länder auch als Zionisten zu betrachten seien, ob der Zionismus auch die Alijah in andre Länder als Erez unterstützen soll - in Anbetracht der kleinen Zertifikatszahl - etc. Berthold sprach [..] ganz gut. Es war eine rege & interessante Diskussion. Du, resp. Deine Briefe, spielen manchmal bei der Diskussion auch eine Rolle. Auch Deine Bildchen gingen rund. -
Heute früh fragten mich a. d. Synagoge verschiedene nach Dir, gestern Abend auch die beiden Lehrer, Dannenberg & Stern. Dieser meinte, es sei doch schade, daß Du nicht studieren dürftest; ich sagte ihm, man könnte auch ohne Studium
II
im Leben seinen Mann stellen! - Auch H. Frank & Helmut erkundigten sich nach Dir; Helmut habe Deine Bilder gezeigt. Er wollte gelegentlich wieder zu uns kommen. -
Da ich nicht nach Kronach komme, habe ich gestern Dein Bild (nach der [..] von [..]) hingeschickt; sie freuen sich bestimmt damit. - Ein Bild (mit Walter) sende ich auch an Tante Tini, & von den beiden geht auch ja eins an Onkel Richard. - Heute Nachm. waren wir mit Hans Seligmann am Wolfsberg (Lamershof); morgen fahre ich mit Mutter nach Dülken. Hoffentlich ist morgen nur schön Wetter. Es regnet schon wieder! Seit 14 Tagen haben wir so merkwürdiges Wetter, 1 Std schön, 1 Std Regen! - Hans aus Amsterdam hat infolgedessen von seinen Ferien gar keinen Genuß gehabt!
Am Donnerstag sandte ich Dir Mk 10,-; bestätige sie bitte: es werden Dir dafür wohl 15 sh 8d ausgezahlt. - Am Montag sende ich Dir wieder Zeitungen. -
Obwohl wir uns keine Sorgen machen wollen, ist es für uns doch keine reine Freude, wenn wir in der C.V.-Zeitung noch immer böse Nachrichten über die Unruhen lesen müssen. Wenn die Regierung nur mal ernstlich durchgriffe! Es müßte doch dann wieder Ruhe eintreten! Heute in der Synagoge schlug ich im Gedanken an Dich an das Chumasch auf & las unwillkürlich: „So ihr meine Gebote brachtet, werdet ihr in Sicherheit in dem Lande wohnen. - Die Felder werden ihren Ertrag geben & ihr werdet ernten & in Sicherheit im Lande wohnen.”
Antwort auf meine stumme Frage?? - Nur Kopf hoch & auf Gtt vertrauen, es wird schon alles gut werden! Und Dir gute Laune & das frohe Herz behalten! - -
Geht eigentlich Deine Armbanduhr noch? Die andre auch?
Was macht der „Batz'n af der Nos'n”? Ist der weg? Und die anderen Pickel? ist das besser geworden? - Dem Bild nach bist Du aber doch tüchtig braun geworden, Deine Beine & Arme wohl besonders! Walters Kniee sind gegen die Oberschenkel so braun, daß man meint, sie wären schmutzig! - Mutter möchte wissen, ob dort bei der Hitze auch viele Gewitter sind & was die Angsthasen dann tun?
Die besten Grüße & Dir alles Gute wünschend, Dein Max Meyer.
Sonntag, 19./7. Mein lieber Junge! Leider kam heute Dein Brief wieder nicht, wird also wohl wieder erst Montag - morgen - kommen. Auch von Ilse kam nichts. - Es war nun die letzten Wochen immer so. - Vielleicht ists doch besser, wenn Du per Luftpost schreibst.
Tante Tini schrieb dieser Tage, sie hätte sich so sehr mit Deinem Brief gefreut; sie läßt Dich grüßen & viele gute Wünsche für Dich. Demnächst will sie Dir schreiben. Dann schreibt sie: „Ich habe einige Bekannte im Lande, vielleicht würde es ihm von Nutzen sein, wenn er dort besonders bei den Eltern eines Kinderarztes in Jerusalem mal sich als Neffe von mir vorstellen würde. Ludwig (Dein Onkel, l. Ernst) hat diese sehr lieben, frommen Leute auch in Saaz kennen gelernt u. schwärmt noch immer davon. Nächstens will die Adresse einholen.” Es kann nichts schaden, wenn Du solche Verbindungen hast, wenn sie auch nur gesellschaftlicher Natur sein werden. - Ich habe heute Tante geschrieben & auch mal angefragt, ob sie nicht die Adresse von dem bekannten Maurer in Erez (Julian Samstag, (!) Sohn meiner Kusine Sofie Samstag (Maschinenfabrik in Kronstast) besorgen kann. Mit diesem Maurer wirst Du genauso wie mit Ernst Lamm verwandt. - Es wäre ja nett, wenn Du Verwandte drüben träfest!
Diesem Brief, mein lb. Junge, füge ich nur viel Küse & noch mehr gute Wünsche bei. Hoffentlich kommt heute noch Post, dann schreibe ich mehr. In Liebe Deine Mutter.