„Über brennende Leichen, über brennende Tiere. Jeder hat sein eigenes Leben gerettet.“ - Flucht

Mutter Tomaschewski muss sich am 20. März 1945 allein mit ihren drei Kindern auf den gefährlichen und ungewissen Weg nach Westen machen. Zunächst geht es nur einige Kilometer bis nach Ohra in unmittelbarer Nähe von Danzig, wo man Aufnahme beim Bruder des Stiefvaters findet. Auch hier ist ein letzter Rest von Hoffnung auf eine Wendung im Kriegsverlauf der Hauptgrund bei der Auswahl des Ziels. „Meine Mutter ist da hingegangen mit der Absicht: Die schlagen den Russen zurück, dann können wir direkt wieder zurückgehen.“

In der Nacht vom 24. auf den 25. März 1945 erlebt Familie Tomaschewski einen Großangriff auf Danzig, von dem sie selbst betroffen ist. „Danzig brannte lichterloh.“ Sie muss den Ort schnellstens verlassen, was sich jedoch schwierig gestaltet, weil das Pferd, das den Fluchtwagen zieht, von einem Granatsplitter getroffen wird. Auf den Ratschlag von Wehrmachtssoldaten fängt der 15-jährige Bruder Kurt ein herrenloses Pferd ein. „Wir sind dann mit Pferd und Wagen über brennende Leichen, über brennende Tiere. Jeder hat sein eigenes Leben gerettet.“

Über Bohnsack gelangt man nach Schiewenhorst an der Weichselmündung. „Und da war Schluss, da ging nichts mehr. Nur noch mit dem Schiff.“ Im Mündungsdelta der Weichsel stauen sich Mitte April 1945 Zehntausende von Flüchtlingswagen, die, durch die Rote Armee eingekesselt, ihren Weg nach Westen nicht fortsetzen können.

Vom 1. bis zum 15. April 1945 muss Familie Tomaschewski mit vielen anderen Flüchtlingen bei großer Kälte im Wald in Erdlöchern „hausen“, wobei es Charlotte Leibrandt angesichts des damaligen Dauerregens noch heute merkwürdig erscheint, dass man in den nur notdürftig abgedeckten Löchern zwar erbärmlich gefroren habe, aber nicht nass geworden sei. Immerhin wird eine leidliche Versorgung der Flüchtlinge durch Gulaschkanonen sichergestellt, die die Wehrmacht am Waldrand betreibt.