„Uns zieht nichts in diese Richtung. Das ist für mich fremd.“ - Die Tochter

Astrid Katthagens Tochter Verena Blank wird als zweites von ihren vier Kindern 1961 geboren. Befragt zur Bedeutung des Themas „Flucht und Vertreibung“ im Familienleben, betont sie, dass ihre Mutter selbst nur sehr wenig über diese so dramatische Phase ihres Lebens erzählt habe. „Aber meine Oma wohnte mit bei uns im Haus“, und die habe häufig – beispielsweise am Mittagtisch – viel über Hinterpommern erzählt. „Das war für uns Kinder eigentlich immer interessant.“ Ihre Großmutter, das bemerken die vier Enkelinnen und Enkel deutlich, wird am Niederrhein nie heimisch. „Die wohnte zwar mit bei uns in der Familie, aber ich glaube nicht, dass sie so richtig angekommen ist.“

Interesse ist das eine, Betroffenheit etwas anderes. Das erinnert auch Verena Blank. Man habe während ihrer Kindheit ja im tiefsten Frieden gelebt. „Wir kannten ja auch keinen Krieg. Das war alles fremd für uns.“ Das gilt insbesondere für die konkreten Umstände der Flucht und der anschließenden Vertreibung. Die Oma erzählt vorwiegend von ihrer hinterpommerschen Heimat und Langeböse, während die Ereignisse der Jahre 1945 bis 1947 weitgehend ausgeblendet bleiben. Ihre Mutter, so fährt Verena Blank fort, habe erst in den letzten zwei, drei Jahren damit begonnen, hierüber intensiver zu berichten. Vorher, so ergänzt Astrid Katthagen die Erzählung der Tochter, habe sie einfach nicht über jene Zeit sprechen können.

Die Frage, ob sie sich als Kind einer Vertriebenen in Garzweiler fremd gefühlt habe, verneint Verena Blank mit Nachdruck. Sie sei zwar das einzige evangelische Kind in der Volksschule gewesen, was für sie aber keinerlei spürbare Auswirkungen gehabt habe. „Das war überhaupt kein Thema. Ich habe gar nichts davon gemerkt.“ Sie sei vielmehr mit den Freundinnen zur Schulmesse in die katholische Kirche gegangen. „Ich kann da auch alles mitbeten.“ Während der Schulzeit sei sie einmal in der Woche per Auto zum evangelischen Religionsunterricht nach Otzenrath abgeholt und unmittelbar danach zur Schule in Garzweiler zurückgebracht worden. Das sei das einzige Merkmal gewesen, was sie von ihren einheimischen Freundinnen unterschieden habe.

Sie und ihre Geschwister, so urteilt Verena Blank, seien in Garzweiler ohne jede Ausgrenzungserscheinungen „ganz normal“ aufgewachsen. Daher sieht sie – im Gegensatz zu ihrer Mutter - ihre eigenen Wurzeln und ihre Heimat auch ganz eindeutig am Niederrhein und nicht in Hinterpommern. „Uns zieht auch nichts in diese Richtung. Das ist für mich fremd.“ Folgerichtig hat sie Langeböse bislang auch nie besucht.