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Quellenkunde

Was sind Quellen? Wie geht man professionell-kritisch mit ihnen um? Diese Fragen werden in der „Kleinen Quellenkunde“ ebenso beantwortet wie umfassend über einzelne Quellengattungen, ihre jeweiligen Stärken und Schwächen sowie ihre Bedeutung für die historische Forschung informiert wird. Ob Zeitungen, Tagebücher, Briefe, Film oder Oral History – all diese und noch weitaus mehr Arten historischer Quellen werden hier vorgestellt und diskutiert.

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Quellenkritik

Quellen können nur dann etwas über die Vergangenheit erzählen, wenn die richtigen Fragen an sie gerichtet werden.[1] Zuvor gilt es aber, sich mit der Entstehung und Überlieferung der Quelle selbst auseinanderzusetzen und hierbei zahlreiche Fragen zu stellen („medialer Überlieferungsrahmen“). Die erste lautet zumeist, wann die Quelle entstanden ist? Des Weiteren gilt es zu bestimmen, wo die Quelle entstanden ist und von wem sie stammt. Insbesondere bei Textquellen ist die Absicht, die mit ihrem Inhalt verfolgt wurde, ebenso wichtig wie die Frage nach dem genauen Adressaten. Viele weitere Fragen schließen sich an: Ist die Quelle vollständig oder unvollständig? Handelt es sich um eine Auswahl oder einen lückenhaften Bestand? Sind in der Darstellung einer Quelle Wertungen vorhanden oder wird in ihr „wertfrei“ informiert? Werden in der Quelle Argumente für eine bestimmte Sichtweise vorgegeben? Ist ein Bericht bewusst fehlerhaft oder falsch gehalten?

Die hieraus resultierende Diskussion und die Einschätzung des Informationswertes einer Quelle werden als „Quellenkritik“ bezeichnet. Jeder auf Quellen basierenden Untersuchung sollte daher eine entsprechende Quellenkritik vorangehen. Sie zeigt dem Leser, ob und wie der Autor die wissenschaftliche Qualität der Quellen, ihre Authentizität und Glaubwürdigkeit sowie ihre Intentionen beurteilt hat („inhaltliche Überlieferungsbedingungen“). Quellenkritik steht in einer Untersuchung damit stets neben der Vorstellung von der ihr zugrundeliegenden erkenntnisleitenden Theorie sowie der Offenlegung der eigenen Vorgehensweise an erster Stelle.

Ein bekanntes Beispiel: Für die Interpretation der berühmten Tagebücher des NS-Propagandaministers Joseph Goebbels ist es nicht unerheblich, zu wissen, ob er seine Gedanken und Ansichten für ein späteres Publikum oder nur für sich selbst notierte. Je nach Adressatenkreis ändert sich nämlich der Wert der Quelle als Auskunftei über die Vergangenheit. Wenn man also annehmen muss, dass Goebbels in seinen Tagebüchern auch für ein späteres Publikum schrieb, liegt es nahe, dass es sich hierbei um keine allzu kritische und offene Selbstbetrachtung handelt. Vielmehr dürften die Informationen durch den Filter des politischen Kalküls gelaufen sein. Für eine Rekonstruktion der Ereignisse um den Propagandaminister während seiner Jugendjahre und seiner Amtszeit taugt diese Quelle allein nicht. Sie muss mit anderen Texten aus der Zeit verglichen werden, die mittlerweile in einer umfangreichen Forschungsliteratur und in Editionen aufbereitet wurden oder in Archiven direkt greifbar sind. Wer sich jedoch mit der Selbstinszenierung der Person Goebbels befasst, für den sind die Tagebücher gerade wegen ihrer Außenorientierung als indirekte Quelle von besonderem Interesse. Insofern geben sie durch die Stilistik und Sprache sowie durch die spezifische Perspektive der Notizen indirekt über die Person Goebbels und seine Form der Selbstinszenierung Auskunft. Auch hieran zeigt sich, dass Quellen in Abhängigkeit von einer Fragestellung entstehen und ihren jeweils spezifischen Wert entwickeln.

Abschließend zur Illustration der Notwendigkeit einer akribischen Analyse der „inhaltlichen Überlieferungsbedingungen“, das heißt der möglichst präzisen Bestimmung der Echtheit einer Quelle, ein weiteres prominentes Beispiel. Als die Zeitschrift STERN 1983 mit großem Medienrummel die angeblichen Tagebücher Adolf Hitlers veröffentlichte, entpuppte sich das Material nach eingehender Analyse als geschickte Fälschung, was zum größten Presseskandal der letzten Jahrzehnte führte.

Fußnoten

[1] Die Darstellung folgt dem Beitrag von Fabio Crivellari (Universität Konstanz); zu finden unter: http://www.uni-konstanz.de/FuF/Philo/Geschichte/Tutorium/Themenkomplexe/Quellen/Was_sind_Quellen_/was_sind_quellen_.html und zudem http://blog.histofakt.de/?p=112 (v.a. die Unterscheidung der Quellen nach Teten, Gegenständen und Tatsachen)

zuletzt bearbeitet am: 17.04.2016