„Mit einem Mal waren die Russen weg, und dann kamen die Polen.“ - Zurück in Langeböse

In Langeböse müssen sich die Rückkehrer zunächst auf ein Leben unter russischer Besetzung einstellen. Astrid geht wie viele andere auf das im Ort gelegene Gut und arbeitet dort für die Besatzungsmacht. Weil es hierfür oft Naturalien gibt, geht es auch den Kuschs – den Umständen entsprechend – langsam besser.

Das ändert sich jedoch noch im Sommer 1945 wieder schlagartig. „Mit einem Mal waren die Russen weg, und dann kamen die Polen“, erzählt Astrid Katthagen. „Und da hieß es schon: ‚Ja, dann müssen die Deutschen auch weg.‘“ Der Kusch’sche Hof wird von einem polnischen Ehepaar mit einem 19-jährigem Sohn und einer zehnjährigen Tochter übernommen, die mit nur einer Kuh, einem Pferd und einem kleinen Panjewagen in Langeböse erscheinen. Sie stammen aus Wilna und sind selbst Vertriebene, die immer wieder betonen, dass sie in ihre alte Heimat zurückmöchten. Der Weg dorthin ist ihnen jedoch durch die Westverschiebung der sowjetischen Grenze dauerhaft verschlossen. Beide Familien wohnen künftig unter einem Dach. „Sie waren sehr gut zu uns, und das Zusammenleben hat sehr gut funktioniert. Sie wollten uns immer etwas zu essen abgeben, und wir Kinder freundeten uns mit ihren Kindern an.“

Helene Kusch arbeitet in dieser Zeit als Melkerin auf dem Gut, wo auch Tochter Astrid in der Landwirtschaft mithilft. Doch eines Tages – vermutlich im Frühjahr 1947 – heißt es: „Die Deutschen müssen aus dem Dorf raus!“ Das bedeutet jedoch noch nicht die endgültige Vertreibung aus Pommern, sondern zunächst „nur“ die Ausweisung aus Langeböse, das nun Pogorzelice heißt. Etwa zehn Gehminuten entfernt stehen kleine Häuser von früheren Gutsarbeitern. In einem von ihnen findet Familie Kusch auf eigene Initiative eine neue Unterkunft. „Da wohnten wir auch ganz schön.“

Was allerdings bleibt, ist die Angst, denn noch immer, so erzählt Astrid Katthagen, hätten Angehörige der Roten Armee die Gegend durchstreift, seien häufiger in Häuser eingedrungen, um sich dort zu nehmen, was ihnen beliebt. „Sie waren die Herren.“ Sie selbst arbeitet im Sommer 1947 weiterhin auf den Wiesen und Feldern des Guts. Die Hoffnung allerdings, dass ihr die Heimat erhalten bleiben könne, so schildert sie ihre damalige (ein-) Sicht, sei nach der Ausweisung aus Langeböse auf den Nullpunkt gesunken. Denn eine Entscheidung hat der Familienrat längst unwiderruflich gefällt: „Wenn wir Polen geworden wären, dann ja. Das haben sie uns auch gesagt. Wenn wir uns hätten einpolen lassen, dann ja. Aber das wollten wir nicht. Wir wollten Deutsche bleiben.“