Auf die Frage, wie er als selbst von Flucht und Vertreibung Betroffener die aktuelle Lage der zahllosen Flüchtlinge empfinde, antwortet Wolfgang Kuhn zunächst mit einer kleinen Geschichte: Ihm sei von einem Ereignis berichtet worden, das seiner Mutter wiederfahren sei, als sie mit ihm 1945 auf der Flucht gewesen sei. „Da hat sie irgendwo geklopft, um für den zweijährigen Jungen nach Wasser zu fragen. Und die haben die Tür zugeknallt.“ Daher wisse er sehr gut, dass man in solchen Momenten die Tür nicht einfach verschließen solle.
Andererseits erinnert er sich noch immer mit Unbehagen an jene Zeit, als seinem Vater die Einreise nach Westdeutschland verweigert wurde, weil er keine Arbeitsstelle habe nachweisen können. „Erst wenn er Arbeit hatte, durften wir Deutschen nach Deutschland.“ Wenn er das mit heute vergleiche, so sehe er, dass „alle Welt“ nach Deutschland wolle – „ob die Arbeit haben oder nicht“. Dabei ist Wolfgang Kuhn aber durchaus bewusst, dass er beide Beispiele nicht einfach vergleichen könne, denn: „Da hat sich die Welt verändert.“
Insofern hält er die Entscheidung von Bundeskanzlerin Merkel und ihr Statement „Wir schaffen das“ vom 31. August 2015 für richtig. „Frau Merkel hat ja was Gutes getan. Man hat ja die Bilder gesehen an den Grenzen. Und da hat sie gesagt: ‚So geht das nicht! Die anderen machen nichts. Wir holen die rein.‘ Und dann hat sie gesagt: ‚Die sind jetzt hier. Wir schaffen das!‘ Und das finde ich in Ordnung. Es ist eine große Aufgabe, dass das gemacht werden muss, und das schaffen wir auch.“ Einschränkend fügt Wolfgang Kuhn dann noch hinzu, dass man aber alles daran setzen müsse, dass es bei einer Million Flüchtlingen bleibe, denn damit sieht er eine Kapazitätsgrenze erreicht. „Deswegen muss jetzt schon gesagt werden: ‚Das ist jetzt mal genug.‘ Das muss anders gelöst werden, aber wir können nicht alle aufnehmen.“