Zum Muttertag
Das NS-Regime passte auch den „Muttertag“ in sein ideologisches Gerüst ein und erhob den bis dahin lediglich rovat begangenen Tag im Mai 1934 als "Gedenk- und Ehrentag der deutschen Mütter" zum offiziellen Staatsfeiertag und integrierte ihn in den NS-Festtagskalender.
An diesen neuen Feiertag wurde nunmehr stets das völkische und rassenideologische Element von Mutterschaft betont und der Tag damit zum Bestandteil der NS-Bevölkerungspolitik. „Heilig soll uns sein jede Mutter deutschen Blutes“, lautete einer der dabei verbreiteten Propagandasprüche. Besonders kinderreiche Mütter wurden als Heldinnen gefeiert, die für das Fortbestehen der „Ahnenreihe des deutschen Blutes“ Sorge tragen würden. Das führte 1939 schließlich zur Einführung des in den Stufen Bronze, Silber und Gold verliehenen „Mutterkreuzes“.
Der Festtag wurde propagandistisch groß aufgezogen. Propagandaminister Joseph Goebbels ließ Musteransprachen, Gedichte und Reden zum Muttertag entwickeln und über die Sender des Reichsrundfunks wurden entsprechende Reden von NS-Größen übertragen, in denen immer wieder von der „Ehrfurcht des Führers vor der deutschen Mutter und Frau“ fabuliert wurde. Dabei war immer wieder die Rede von „biologischer Pflichterfüllung“ und der „Pflicht der deutschen Mutter“, möglichst viele gesunde Kinder zur Welt zu bringen. Letztlich aber, auch das wurde nicht vergessen zu betonen, müssten Mütter auch stets bereit sein, das „Leben des geliebten Sohnes“ hinzugeben, wenn das Vaterland ihn zu den Waffen rufe. Hitler selbst erklärte die Mutterschaft zum „Schlachtfeld der Frau“.
Aus solchen Versatzstücken setzen sich auch auf die beiden hier präsentierten Ansprachen zusammen, die am 12. Mai 1938 aufgenommen und drei Tage später im Radio zu hören waren. Sie wurden zudem auf Schallplatten gepresst und unter dem Weißlabel der „Polydor“ verbreitet.
In seiner Rede „Zum Muttertag“ (Matrizennummern 45737 bis 45739) betont Reichsinnenminister Wilhelm Frick[1], die NS-Regierung habe den Tag, an dem die Mütter geehrt werden solle, „mit neuem Geist gefüllt“. Die Mütter seien „Bewahrerinnen der Sippe“ und würden „über die kommenden Generationen“ entscheiden. Daher habe der „Führer“ die Bedeutung der „deutschen Mutter“ durch besondere Maßnahmen wie etwa die Einführung von Ehestandsdarlehen oder das Ehegesundheitsgesetz gewürdigt. Zugleich solle und müsse so aber auch „lebensunfähiger Nachwuchs“ verhindert werden. Auch darin zeige sich die „Fürsorge des Staates“, der den Mutterschutz vielfältig fördere. „Deutschland marschiert hier an der Spitze der Länder“, wobei die Familienausgleichskasse ein „Kernstück nationalsozialistischer Familienpolitik“ darstelle.
Es sei für kinderreiche Familien Sorge zu tragen, damit schon das Kind lerne, sich in die Gemeinschaft einzufügen. Im Rahmen eines „Ein- oder Zwei-Kinder-Systems“ wären zudem „manche große Männer“ nicht hervorgebracht worden.
„Den Müttern ist zu verdanken, dass wir heute wieder ein starkes Volk sind, das sich in der Welt behauptet.“
Die Aufnahme hat eine Gesamtdauer von 10:30 Minuten.
[1] Schon früh schloss sich der promovierte Jurist Wilhelm Frick (geb. in Alsenz am 13.2.1877, hingerichtet in Nürnberg am 16.10.1946) den Nationalsozialisten an und leistete Beihilfe beim Hitler-Putsch. Der Festungshaft entging er aber ebenso wie der Entlassung aus dem Staatsdienst, stattdessen zog er als Abgeordneter in den Reichstag ein. 1928 wurde er Faktionschef der NSDAP und im Januar 1930 erster NS-Minister einer Landesregierung, und zwar der von Thüringen. Von Anfang der NS-Herrschaft an, schon im ersten Kabinett der Regierung Hitler war er Reichsminister des Inneren und betrieb als solcher maßgeblich den Aufbau und Konsolidierung des scheinlegalen NS-Staates durch die Aushöhlung der Weimarer Verfassung und Abschaffung der Grundrechte, die Durchsetzung des Ermächtigungsgesetzes, die Gleichschaltung der Länder und als scharfer Antisemit und Rassenideologe die Abfassung u.a. der Nürnberger Gesetze. Doch verlor er immer mehr Macht an Heinrich Himmler und musste ihm schließlich sein Amt im August 1943 abgeben. Er selbst erhielt als Reichsprotektor von Böhmen und Mähren nur noch eine wenig einflussreiche, eher repräsentative Funktion. Nach Kriegsende wurde er vom Internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und wegen Verbrechen gegen den Frieden zum Tode verurteilt.